piwik no script img

Entschuldigung für Pogrom

■ Polens Ministerpräsident gedenkt den im Jahr 1946 in Kielce ermordeten Juden

Kielce (dpa) – Polens Ministerpräsident Wlodzimierz Cimoszewicz hat sich für frühere antijüdischen Ausschreitungen in Polen entschuldigt. „Niemand kann uns die Verantwortung für die Taten und Täter abnehmen, die das Böse, das Unrecht und unmenschliches Verhalten verschuldet haben“, sagte Cimoszewicz gestern bei der Gedenkfeier für die Opfer des Judenpogroms im südpolnischen Kielce. Am 4. Juli 1946 waren dort wahrscheinlich über 70 Juden von Polen ermordet worden.

Der Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel prangerte gestern den fortlebenden Antisemitismus, „der auch in Auschwitz mit seinen Opfern nicht verschwunden ist“, als Ursache des Pogroms an. Wiesel sprach sich aber gegen eine Kollektivschuld der Polen aus, obwohl „die Mörder von Kielce Polen waren, ihre Sprache Polnisch war und ihr Haß auch Polnisch war“. Der frühere Auschwitz-Häftling Wiesel rief die polnischen Behörden auf, christliche Symbole vom Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers Birkenau zu entfernen. Er kritisierte die Aufstellung der Kreuze als eine „Lästerung“. In den Gaskammern von Birkenau hatten die Nationalsozialisten zwischen 1941 und 1945 etwa eine Million Juden getötet.

An der Gedenkveranstaltung nahmen auch Vertreter des polnischen Präsidenten und der Katholischen Kirche teil. Hunderte Juden unter anderem aus den USA und Israel waren anwesend. William Mandell, ein in den USA lebender Pogrom-Überlebender mahnte, daß solche Exzesse sich niemals wiederholen dürften. Die jüdischen Teilnehmer gedachten anschließend mit einem Totengebet auf dem jüdischen Friedhof in Kielce aller dort beigesetzten Opfer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen