Entschädigung für Missbrauchsopfer: Jesuiten bieten "kleine Geste"
Vermutlich 5.000 Euro will der Jesuitenorden Missbrauchsopfern zahlen. Zu wenig, finden die Betroffenen. Missbrauchs-Beauftragte Bergmann startet eine Medienkampagne.
BERLIN taz | Erstmalig sollen ehemalige Schüler des Jesuitenordens, die von Jesuitenpatres in den 70er und 80er Jahren sexuell missbraucht worden waren, von der katholischen Einrichtung eine finanzielle Entschädigung erhalten. Das sagte Stefan Kiechle, Provinzial der deutschen Jesuiten, der Süddeutschen Zeitung. Die Opfer sollen jeweils eine "Summe im vierstelligen Bereich" erhalten, wahrscheinlich 5.000 Euro. "Die Geste, die wir anbieten, ist für uns schmerzhaft. Aber sie bleibt klein und bruchstückhaft", sagte Kiechle.
Mit seinem Vorstoß weicht der Jesuitenorden von einem geplanten gemeinsamen Vorschlag ab, den der Orden und die Bischofskonferenz vor dem Runden Tisch am 30. September vorlegen wollten. Die Bischöfe, die am Montag in Fulda zur Herbstvollversammlung zusammentreffen, können sich derzeit nicht auf einen Entschädigungsmodus einigen.
Wie viele Opfer vom Jesuitenorden entschädigt werden, ist noch unklar. Nachdem im Januar die Missbrauchsfälle bekannt geworden waren, meldeten sich etwa 200 Betroffene.
Dem "Eckigen Tisch" gehen die Vorschläge nicht weit genug. Die Opferorganisation erwarte "Zahlungen, die sich an dem orientieren, was in Deutschland und Europa üblich ist", sagte Sprecher Thomas Katsch. Damit meint der ehemalige Schüler am Canisius-Kolleg in Berlin Summen zwischen 20.000 und 120.000 Euro oder pauschal 54.000 Euro. So viel fordert beispielsweise die Vereinigung der Heimkinder am Runden Tisch. Mit seiner Forderung bezieht sich der "Eckige Tisch" auf Zahlungen in Irland: Dort bekamen Missbrauchsopfer in Heimen durchschnittlich 70.000 Euro.
Die Grünen fordern die Einrichtung eines Entschädigungsfonds, in den alle betroffenen Institutionen einzahlen müssen. Bei der Telefonhotline der Bundesbeauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs melden sich täglich Betroffene. Sie beklagen vor allem den Mangel an Beratungs- und Therapiemöglichkeiten, sagte eine Sprecherin am Donnerstag.
Die Missbrauchsbeauftragte Christine Bergmann hatte zu ihrem Amtsantritt angekündigt, sich verstärkt für Beratungsangebote einzusetzen. Jetzt startet die Bundesstelle eine Medienkampagne mit Fernsehspot, Anzeigen, Plakaten, Postkarten. Den Spot drehte Filmregisseur Wim Wenders.
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