: Entnervt aufgestöhnt
■ betr.: „Schwere Kost für alte Ka der“, taz vom 7. 4. 98
Hatte ich zunächst beim Lesen des Artikels entnervt aufgestöhnt, da ich mich durch die Wahl meiner Tageszeitung vor ebensolchen hatte bewahren wollen, stelle ich nun fest, daß ich auch aus meiner neuen „Tageszeitung“ einiges über meine Vergangenheit und Gegenwart erfahren kann.
Zum einen weiß ich jetzt, belehrt von Frau von Bullion, daß schon mein Großvater um 1912 einen Lehrer hatte, der „den Lehrmethoden des SED-Staates“ verpflichtet war, denn auch er hatte in seiner Dorfschule streng frontalen Unterricht, und an nichts anderes kann Frau von Bullion gedacht haben, als sie von diesen Methoden schrieb. Daß sich auch gegenwärtig noch so viele LehrerInnen, auch ohne DDR-Vergangenheit, ihrer bedienen, macht auch mir deutlich, „daß die Kader von hoher Intelligenz und Skrupellosigkeit sich überall wieder geschickt plaziert haben“ – offensichtlich wenigstens deutschlandweit.
Zum anderen stelle ich fest, daß ich in einer für Vietnamesen reservierten Siedlung gelebt hatte, teilte ich als Kind doch für drei Jahre meine Wohnung mit zwei vietnamesischen Ärztinnen, die bei uns zur Untermiete lebten und auch mit uns feierten.
Erstaunt hat mich schließlch die Feststellung von Frau Klier, daß „rund 80 Prozent der Lehrerinnen Ost ... ihre Stimme heute der SED- Nachfolgerin (geben)“. Mehrere Telefonate mit allen mir bekannten „LehrerInnen Ost“ ergaben, daß niemand sich an einer entsprechenden Befragung beteiligt hatte. Hat sie da etwa ein Wahlgeheimnis gebrochen, oder redet sie nur nach, was ihr von interessierter Seite zugeflüstert wurde? B. Schirmer, Berlin
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