piwik no script img

Entlastung durch AbgeltungssteuerEs lohnt sich - für Kapitalbesitzer

Die Steuerzahlungen auf Kapitalerträge sinken im Jahr 2010 um 3,7 Milliarden Euro. Schuld daran hat der Wirtschaftseinbruch, aber auch die 2009 eingeführte Abgeltungssteuer.

Dank der Abgeltungssteuer weich gelandet: Kapitalbesitzer in der Post-Krise.

BERLIN taz | Für die Vermögenden war sie ein gutes Geschäft: die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge. 2010 sank ihr Aufkommen um 3,7 Milliarden Euro, ist einem Papier des Bundesfinanzministeriums zu entnehmen. Hatte sie 2009 noch 12,4 Milliarden Euro gebracht, waren es 2010 nur noch 8,7 Milliarden.

Die Regierung aktualisierte damit die Steuerschätzung vom November. Damals wurde sogar angenommen, dass die Abgeltungsteuer 2010 um fast 4 Milliarden Euro sinken würde.

Dieser Einbruch "war zu erwarten", sagt Dieter Ondracek von der Steuergewerkschaft. "Es musste anders kommen, als von Peer Steinbrück angekündigt." Der ehemalige SPD-Finanzminister hatte die Abgeltungsteuer mit dem legendären Satz verteidigt: "25 Prozent von x sind mehr als 42 Prozent von nix."

Die Abgeltungsteuer gilt seit Anfang 2009 für Zinsen und Dividenden. Sie liegt pauschal bei 25 Prozent und wird anonym direkt an der Quelle abgeführt - also von Banken und Aktiengesellschaften. Für die meisten Kapitaleigner war dies eine Steuerentlastung: Bevor die Abgeltungsteuer eingeführt wurde, wurden Kapitalerträge wie alle anderen Einkommen veranlagt - es galt also ein progressiver Steuersatz bis maximal 45 Prozent.

Allerdings ist nicht ganz eindeutig, wie groß die Entlastung tatsächlich ist, denn just als die Abgeltungsteuer eingeführt wurde, machte sich auch die Finanzkrise bemerkbar. Das Zinsniveau sank und damit fielen auch die Zinserträge. Wie das Finanzministerium ausgerechnet hat, fiel die Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten von 3,0 Prozent im Dezember 2009 auf 2,1 Prozent im September 2010.

Laut Ondracek sind zudem die Spekulationsgewinne eingebrochen. Seit Einführung der Abgeltungsteuer müssen Kursgewinne bei Aktien generell versteuert werden. Früher galt dies nur für Papiere, die innerhalb eines Jahres weiterverkauft wurden. Dennoch ist sich Ondracek sicher, dass die Einführung der Abgeltungsteuer "erheblich" zu den Steuerausfällen bei Zinsen und Dividenden beigetragen hat. Er fordert daher, die Steuer wieder abzuschaffen.

Der grüne Finanzexperte Gerhard Schick will bei der Bundesregierung erfragen, wie hoch das Steuergeschenk für die Kapitalbesitzer war, wenn man den Wirtschaftseinbruch herausrechnet. Auch er findet: "Kapitaleinkünfte müssen genauso besteuert werden wie Arbeitnehmereinkommen."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • J
    Jürgen

    @ O aus H,

    die Erklärung ist relativ einfach.

    Da die Abgeltungssteuer auf Spekulationsgewinne direkt von der Bank einbehalten wird, kann derjenige, der regelmäßig mit Wertpapieren handelt, erst in der Steuererklärung die Gewinne mit den Verlusten verrechnen. Er gewährt also dem Finanzminister einen zinslosen Kredit. So blöd ist natürlich keiner.

    Die Wertpapierdepots sind also ins Ausland verlegt worden. In meinem Fall brauchte ich gar nichts zu tun.

    Der Broker hat einfach seine Geschäfte ins Ausland verlagert und die deutsche Niederlassung geschlössen.

    Da Spekulationsgewinne im Ausland steuerfrei sind und auch nicht der EU-Zinsrichtlinie unterliegen,

    muß also der deutsche Bürger selbst seine Gewinne in der Steuererklärung angeben. Ob das alle machen?

    Als steuerehrlicher Bürger habe ich das gemacht.

    Der Finanzbeamte war völlig überfordert. Er hat dann einen Haken hinter meine Abrechnung gemacht.

    Wie jemand auf die Idee kommen kann, die Einführung der Abgeltungssteuer solle Kapital nach Deutschland zurückholen, bleibt mir schleierhaft. Das Gegenteil ist der Fall.

    Ich hoffe zur Aufklärung beigetragen zu haben.

  • A
    Anleger

    In der Tat - warum werden bei Unternehmen alle Gewinne gleich besteuert, aber der Privatanleger kann bestimmte Einnahmen (die weder Zeit noch körperlicher Anstrengung bedürfen, im Gegensatz zu einem Job!) weniger versteuern?

     

    Ich bin durchaus dafür, dass mehr Bürger mehr investieren, aber dafür die Arbeitnehmer gegenüber (tendenziell wohlhabenderen) Kapitalanlegern zu benachteiligen, ist geschmacklos.

     

    Und der Käse von "das Geld wurde schonmal besteuern" ist eben das - Käse. Alles wurde irgendwann schonmal besteuert. Und wenn man seine Steuern beglichen hat, kann man mit dem Geld eben z.B. einkaufen oder es anlegen, wo in beiden Fällen nunmal weitere Steuern anfallen. Traurig, dass einige Lobbies im Land so stark sind.

  • JK
    Juergen K

    Wie Schroeder schon sagte:

     

    "Wir haben ihnen alles gegeben".

  • P
    Privatanleger

    In diesem wie auch in anderen Artikeln anderer sog. Qualitätszeitungen wurde vergessen:

     

    (1) war die Abgeltungssteuer für Aktionäre keine Erleichterung, da (i) Kursgewinne besteuert werden und (ii) das Halbeinkünfteverfahren für Dividenden abgeschafft wurde. Ich habe bei der alten Regelung viel weniger (sic!) Steuern gezahlt.

     

    (2) Ausweichreaktionen wurden nicht berücksichtigt. Jeder vernünftige Aktienanleger, der über einen signifikanten Anlagebetrag verfügt, wird eine GmbH gründen und die Wertpapiere nicht mehr im Privatvermögen halten. Nur so kann man der erdrosselnden Kursgewinnbesteuerung entgehen. In der Folge zahlt man dann aber eben keine Abgeltungssteuer mehr, sondern als GmbH KSt und GewSt.

  • OA
    O aus H

    "Seit Einführung der Abgeltungsteuer müssen Kursgewinne bei Aktien generell versteuert werden. Früher galt dies nur für Papiere, die innerhalb eines Jahres weiterverkauft wurden."

    Weil die Abgeltungssteuer jetzt für alle Kursgewinne, statt nur für ein paar gilt, soll sie weniger geworden sein? Kann mir das bitte ein Redakteur nochmal erklären?

  • B
    Berni

    kann es sein das die entwicklung auch mit gesunkenen Zinsen zu tun hat?