: Enges Landleben
■ Befreiung und Jugendliebe in „Der verlorene Soldat“ von Roeland Kerbosch
Von Befreiung spricht der Choreograph Jeroen (Jeroen Krabbe) seinen Tänzern und Tänzerinnen in der Probe. Er ist nicht zufrieden mit ihnen, sie fordern von ihm: „Drück dich mal genauer aus“. Und Jeroen beginnt die Erinnerungen zu erinnern, wie das war damals, 1945 mit der Befreiung von den Nazis. Die erlebt der Junge Jeroen (Maarten Smith) mit anderen Kindern aus Amsterdam in einem kleinen Dörfchen an der Küste, wohin ihn seine Eltern zur Sicherheit vor den Bomben geschickt hatten. Weit sind Meer und Landschaft, aber eng ist es in den kleinen Häusern. Eng und streng ist auch die Moral, von der Lehrer und Pflegeeltern den Großstadtkindern sprechen. Und sie meinen mit Befreiung etwas ganz anderes als das, was der Junge erfährt. Jeroen erlebt seine Art von Befreiung, die zugleich sein Coming Out wird. Nach dem Roman von Rudi van Dantzig drehte der niederländische Regisseur Roeland Kerbosch 1994 den ruhig und einfühlsam erzählten Film Der verlorene Soldat, die Geschichte der Jugendliebe zwischen Jeroen und dem kanadischen Soldaten Walt (Andre Kelley). Nach der Enge des Landlebens, in der die erotischen Phantasien der Heranwachsenden gedeihen und aus dem sie auch immer wieder kleine Fluchten finden, bekommt Jeroen von Walt nicht nur die Süßigkeit „Lifesaver“, er lernt von ihm auch Rock'n Roll und Liebe. Der verlorene Soldat ist keiner dieser pädagogisch intendierten Filme darüber, wie's damals war, und ein Kontrastprogramm zum vorweinachtlichen Filmidyll. jkn
OmU, Alabama auf Kampnagel
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