piwik no script img

EnergiewendeMit Schwarm-Intelligenz heizen

Alle reden von Terrawattkabel und Offshorewindparks – beim Stichwort „Energiewende“ haben viele nur Mega-Projekte im Kopf. Lichtblick hält mit Minikraftwerken dagegen.

Wie eine große Heizung sieht das Kellerkraftwerk aus. Uwe Helm ist der Bremer Lichtblick-Vertreter. Bild: Klaus Wolschner

Alle reden von Energiewende, aber wie macht man das? Der Hamburger Energie-Anbieter „Lichtblick“ hat eine Idee: „Schwarmstrom“. Seit Samstag wird für diese Idee in einer repräsentativen Niederlassung in einer Villa an der Schwachhauser Heerstraße geworben.

Bremen ist damit Vorreiter, alle Niederlassungen sollen Schritt für Schritt in repräsentativere Räume umziehen oder einen derartigen Anstrich bekommen, sagt Ralf Kampwirth, der „Leiter Unternehmenskommunikation“ von Lichtblick. Manchen Bremern ist er noch bekannt aus den Jahren, als er hier ein Bürgerbegehren für mehr Demokratie organisierte – das am Ende vom Staatsgerichtshof kassiert wurde mit der bemerkenswerten Begründung, das Volk dürfe nur über Dinge entscheiden, die kein Geld kosten.

Lichtblick will die Energiewende mit Bürger-Engagement vorantreiben. Die Grundidee von „Schwarmstrom“: Wenn 100.000 Immobilien ein kleines „Zuhausekraftwerk“ (ZHK) im Keller haben, das auch Strom produzieren kann, dann könnten diese Anlagen zusammengeschlossen ein großes Kraftwerk ersetzen.

Die Techniker von VW haben für Lichtblick das Modell entwickelt. Es geht in einen größeren Keller und ist ausgelegt für den Wärme-Bedarf von rund vier Einfamilienhäusern. Die Muster-Anlage in der Schwachhauser Heerstraße heizt 1.000 Quadratmeter Nutzfläche. Lichtblick bietet an, die Anlagen zentral zu steuern und zu warten - und immer dann, wenn Heizwärme vorproduziert werden kann und der Strommarkt es hergibt, nebenbei auch Strom zu produzieren. In dem alten Vertriebsmodell blieben die Keller-Kraftwerke im Eigentum von Lichtblick, in dem neuen Modell können Investoren das ZHK kaufen und entscheiden, ob die einen Vertrag mit Lichtblick machen oder mit einem anderen Versorger. Die Investition betrage rund 40.000 Euro, die Einnahmen aus dem Stromverkauf liegen über 2.000 Euro im Jahr. Nach sieben Jahren sollen die Zusatz-Investitionen im Vergleich zu herkömmlichen Brennwert-Kesseln amortisiert sein, sagt die Lichtblick-Modellrechnung.

Denn das Zuhausekraftwerk hat je nach Größe der Wasserspeicher einen Wirkungsgrad von rund 90 Prozent. Und es trägt, jedenfalls wenn es in Masse eingesetzt wird, zum Ersatz herkömmlicher Verstromungs-Kraftwerke bei. Für die erforderliche Masse soll nun die neue Werbe-Offensive sorgen. In Hamburg sind seit dem Jahr 2010 schon 400 Anlagen gebaut worden. Bremen liegt derzeit bei gut 30 Anlagen – es ist also noch Luft nach oben.

Als Problem erwies sich bisher, dass Lichtblick das Angebot seiner exklusiven Technik daran gekoppelt hatte, dass man auch Gaskunde wurde. Diese beiden Angebote sind jetzt unabhängig voneinander, so dass auch eine Kooperation mit den lokalen Versorgern, hier der SWB, möglich wäre. Bei der ist dieses Angebot aber noch nicht wirklich angekommen: Sie arbeitet bei größeren Neubauprojekten mit klassischen Blockheizkraftwerken und hat sich bisher skeptisch gefragt, warum die Verbreitung der Lichtblick-Technologie so viel langsamer geht als von der Öko-Firma angekündigt.

Bei der Baufirma Brebau verweist man darauf, dass Bremer Häuslebauer gern die Wärmeversorgung in den eigenen vier Wänden haben und gegenüber kollektiven Versorgungs-Anlagen eher skeptisch seien. Die Bremer Tobias-Schule in Oberneuland dagegen hat im vergangenen Jahr die alte Ölheizung durchs „Zuhausekraftwerk“ von Lichtblick ersetzt. 60 Prozent weniger CO2-Ausstoß bedeute die neue Technik, sagt Schulleiter Dieter von Glahn, und der Vertrag mit Lichtblick halbiere die Energiekosten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 /