: Energiewende soll umsonst sein
■ SPD-Fraktion ließ Energiebeiratsbericht diskutieren / Stadtwerke und Senat fürchten Kosten
Viel Lob und Dank hat der Energiebeirat in den vergangenen Wochen geerntet, Lob von Grünen, Senat, SPD, auch von den Stadtwerken. Da war es an der Zeit, daß endlich einer sagt, daß er von den Vorschlägen der Experten gar nichts hält. Die Rolle übernahm jetzt Dieter Porschen, Präses der Bremer Handelskammer: „Kaum realisierbar“ seien die Vorschläge, sagte Porschen auf dem Forum „Energiepolitik für das 21. Jahrhundert“ der SPD Bürgerschaftsfraktion. Dort wurde am Montag die Umsetzbarkeit des Energiebeiratkonzepts diskutiert. Ein Forum, daß die SPD einberufen hatte, um nicht dem Vorschlag der Grünen folgen zu müssen. Die nämlich hatn beantragt, das Beiratskonzept bei einem offiziellen zweitägigen Hearing, veranstaltet durch die Bürgerschaft, zu beraten.
Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern des Energiebeiratskonzepts wird auf zwei ver
schiedenen Ebenen, der Ökologie und der Ökonomie, geführt. Der Abschied vom Atomstrom, der Ausbau des Fernwärmenetzes, die Installation kleiner Blockheizkraftwerke und die Nutzung regenerativer Energien, letztlich die Umstrukturierung der Stadtwerke in ein Unternehmen, daß nicht Strom verkauft, sondern Energiesparen, sind nach Ansicht des BEB die geeigneten Maßnahmen aus der ökologischen Krise. Vor der Umsetzung aber liegen viele Stolpersteine: „Natürlich muß das alles im Detail geft werden“, kündigte Senator Uwe Beckmeyer eine „Arbeitsgruppe Energie“ an. Gleichzeitig lehnte er aber die alleinige Verantwortung für ein Energiekonzept ab: „Der Senat verfügt nur über 50 Prozent der Bremer Primärenergie. Wenn das Kraftwerk Farge, die Klöcknerhütte oder die Schadstoffbelastung durch den Verkehr nicht mit einbezogen werden, greifen unsere Maßnahmen
nicht.“ Bremen stehe mit seiner kommunalen Energiepolitik ganz unten auf der Liste, die Veränderungen bewirken können. Und in einem Nebensatz kam der Senator zu einem Haupteinwand der Skeptiker: „Die Konzessionsabgabe der Stadtwerke an den Senat darf nicht angetastet werden.“ Sprich: Die neue Energiepolitik darf kein Geld kosten.
Mit einzelnen Attacken gegen das Zahlenwerk des BEB zogen die Vertreter der Stadtwerke und Handelskammer zu Felde. „Die Prognosen sind nicht richtig durchgerechnet,“ versuchte Dieter Porschen die einzelnen Szenarien des Konzepts zu kippen. „Die zugrunde liegende Erhöhung des Ölpreises ist spekulativ“, konkretisiierte Czichon. „Wir haben zur Zeit so viel Ölreserven, daß in den nächsten Jahren kaum mit einer nennenswerten Erhöhung des Ölpreises zu rechnen ist.“ Antwort des Vertreters des Beirates, Cornelius Noack: „Es geht nicht
darum, wie teuer das Öl im Jahr 2010 sei und wieviel Tonnen Reserve bis dahin eingelagert sind, sondern es geht darum, daß wir das Öl wegen der Schadstoffausstöße nicht mehr verbrennen dürfen.“
Ein Schlagabtausch symptomatisch für die gesamte Veranstaltung: es schien den Teilnehmern schier unmöglich, auf gleichen Ebenen zu argumentieren: Während Dieter von Ehrenstein und Cornelius Noack immer wieder die ökologische Notwendigkeiten zur Umsetzung ihres Konzepts betonten, führten Porschen und Czichon immer ökonomische Gegenargumente an. Senator Beckmeyer als Vertreter des Senats stand beschwichtigend und abwägend dazwischen, konnte aber auch nicht den Eindruck verhindern, daß das Konzept des BEB in der Auseinandersetzung zwischen Okologie und Wirtschaft zerrieben zu werden droht.
mad
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