Energieeffizienz im Haushalt: Letzte Gnadenfrist für Elektroöfen
Die Bundesregierung will elektrische Heizungen nun doch verbieten. Experten zufolge ist das längst überfällig: Sie haben die Stromfresser als "wahre Klimakiller" identifiziert.
FREIBURG taz Die Bundesregierung plant das Ende der Stromheizungen im Land: Anlagen, die bis Ende 1989 in Betrieb gingen, müssen bis zum 1. Januar 2020 stillgelegt werden. Jüngere Elektroheizungen müssen spätestens 30 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme ausgemustert werden. Neue Stromheizungen werden bald kaum noch genehmigungsfähig sein. Das alles geht aus einem Kabinettsentwurf zur Novelle der Energieeinsparverordnung hervor.
Das Verbot von Elektroheizungen geht auf die Kabinettsklausur Ende August in Meseberg zurück. In ihrer ersten Gesetzesrunde zum Klimaschutz Anfang Dezember hatte die Bundesregierung das Thema jedoch kurzfristig wieder von der Tagesordnung genommen. Jetzt soll es in einem neuen Anlauf im Mai verabschiedet werden. In Kraft treten soll es zum 1. Januar 2009.
Wie dringend nötig ein Vorgehen gegen Stromheizungen aus Sicht des Klimaschutzes ist, hat erst kürzlich eine Studie des Instituts für Zukunftsenergiesysteme (Izes) in Saarbrücken zusammen mit dem Bremer Energieinstitut gezeigt. Elektroheizungen seien "in Deutschland die größten Stromfresser im Haushalt" und damit "wahre Klimakiller", schreiben die Wissenschaftler. Gegenüber einer Gasbrennwertheizung produzierten die elektrischen 3,6-mal mehr CO2.
Laut der Studie wird heute noch jede 25. Wohnung in Deutschland mit Strom beheizt - das sind mehr als 1,4 Millionen Wohnungen. Alles Altlasten? Keineswegs: "Der Verbrauch von Elektrizität für Heizzwecke in Deutschland steigt weiter an", sagt Izes-Wissenschaftlerin Barbara Dröschel. Seit 1995 habe der Verbrauch an Heizstrom sogar stärker zugenommen als der Gesamtstromverbrauch. Und das hänge weniger mit dem Ausbau der Wärmepumpen zusammen, sondern "in erster Linie mit dem Neuanschluss von elektrischen Widerstandsheizungen in Wohngebäuden". Das heißt: Jährlich werden in Deutschland noch immer mehrere tausend Neubauwohnungen entgegen besseren Wissens mit den Stromheizungen ausgestattet.
Inzwischen entfällt jede siebte Kilowattstunde Strom, die hierzulande verbraucht wird, auf die Raumheizung und die Warmwasserbereitung. Die Länder Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen nutzen die Elektrowärme besonders intensiv. Jährlich blasen Stromheizungen in Deutschland 30 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre. "Unter dem Aspekt Klimaschutz sind die elektrischen Widerstandsheizungen gänzlich unakzeptabel und müssen dringend durch umweltfreundlichere Systeme ersetzt werden" heißt es daher bei den Izes-Experten.
Umweltschützer kritisieren, dass Stromkonzerne trotzdem noch immer für Stromheizungen werben. "Mit neuen Elektroheizungen wird der Strombedarf gezielt in die Höhe getrieben", sagt Axel Mayer, Regionalgeschäftsführer des Umweltverbandes BUND Südlicher Oberrhein. "Und dann sagen die Energieversorgungsunternehmen, sie bräuchten neue Kohle- und Atomkraftwerke, um den wachsenden Bedarf zu decken." Zugleich werben Hersteller wahrheitswidrig damit, dass ihre Heizungen umweltfreundlich seien - nicht ohne Erfolg: "Immer noch fallen Kunden auf diese im Regelfall teure und unökologische Art des Heizens herein", so Mayer.
Der Zusammenhang zwischen Stromlobby und Stromheizungen wird übrigens offensichtlich, wenn man sich die Verteilung der Elektroheizungen in Deutschland anschaut: Den höchsten Anteil an Stromheizungen hat die Stadt Essen, der Sitz des Energiekonzerns RWE.
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