piwik no script img

Energieausweis im Test"Ach, den brauchen Sie überhaupt nicht"

Der taz-Test im Überblick: Ein Wochenende auf der Suche nach Wohnungen und passenden Energieausweisen.

Der Test: Für unsere Stichprobe suchen wir im Internet nach einer passenden Wohnung und ziehen dann zu zweit los. Dabei geben wir uns als durchschnittlich informierte Wohnungssuchende aus, die irgendwo mal etwas von einer "Energiebescheinigung" oder so gelesen haben. Wir wissen nicht wirklich, was das ist, fragen aber neugierig nach.

Die Kriterien: Um den Test zu bestehen, dürfen die Vertreter der Wohnungsbaugesellschaften uns nichts Falsches über den Energieausweis sagen. Sie müssen ihn uns außerdem entweder selbst zeigen oder uns an eine andere Stelle verweisen, wo wir ihn sehen können.

Kandidat 1: Gesobau. In dem sanierten Altbau relativiert die Außenmitarbeiterin den Nutzen des Energieausweises: "Der ist für Sie wirklich irrelevant." Nur der Eigentümer brauche ihn beim Verkauf der Wohnung. Der Pressesprecher versucht es hinterher zu retten: Das sei wohl ein Missverständnis gewesen.

Die Kontrolle

Für die Durchsetzung der Energieeinsparverordnung sind in Berlin die Bezirke zuständig. Doch in den sechs Bezirken, die die taz anfragte, gab es bislang noch kein einziges Bußgeld. So erklärt zum Beispiel Pankows Wirtschaftsstadtrat Michail Nelken (Linkspartei): „Eine behördliche Kontrolle ist rechtlich nicht zwingend vorgegeben und erfolgt unsererseits nicht.“ Erst wenn ein Bürger sich darüber beschweren würde, dass er trotz Nachfrage keinen Energieausweis gesehen hat, würde das Bezirksamt tätig werden. So entsteht ein Teufelskreis: Die Bezirksämter kontrollieren nicht, ob die Vermieter einen Energieausweis besitzen. Die Makler informieren die Mieter falsch. Die Mieter wiederum kennen ihre Rechte nicht und wissen darüber hinaus nicht, wo sie sich beschweren können. Auf diese Weise bleibt alles so, wie es ist – zulasten der Mieter und der Umwelt. HEI

Fazit: Nix da - das war eine klare Falschauskunft!

Kandidat 2: WBM. Die Beraterin im Servicecenter Friedrichshain ist ratlos: Der Energieausweis sei im Computer, aber sie käme nicht dran. "Das hat bisher noch nie geklappt." Die Pressestelle hält dagegen: "Wir haben den Energieausweis, und der wird auf Wunsch ausgedruckt." Doch just an diesem einen Tag habe es eine Generalwartung des EDV-Systems gegeben.

Fazit: Zufälle gibt es!

Kandidat 3: Degewo. Der Berater im Kundenzentrum Marzahn wiegelt unsere Frage nach dem Energieausweis ab: "Ach, den brauchen Sie überhaupt nicht." Wir gehen mit leeren Händen. Die Pressestelle meint dazu hinterher: "Sie können nie für jeden Mitarbeiter die Hand ins Feuer legen. Aber wir werden darauf reagieren und Gespräche im Kundenzentrum anleiern."

Fazit: Kann ja nur besser werden!

Kandidat 4: Howoge. In der Hohenschönhausener Sonntagsvermietung hagelt es falsche Informationen: Der Energieausweis sei nicht für Wohnungsmieter bestimmt und erst ab 2010 Pflicht. Zumindest werden wir auch an die Verwaltung verwiesen. Die schickt uns den Ausweis dann per E-Mail zu.

Fazit: Falsche Beratung; wenigstens haben wir den Ausweis!

Kandidat 5: Gewobag. Der Energieausweis für die Kreuzberger Zwei-Zimmer-Wohnung sei in der Verwaltung einsehbar, sagt der Außenmitarbeiter bei der Besichtigung. Herausgeben möchte man das Papier dort aber nicht. "Wir haben uns gegen die Übermittlung über Mail oder Fax entschieden", sagt der Unternehmenssprecher. Sonst sei die Betreuung der Kunden bei Verständnisfragen nicht gewährleistet.

Fazit: Echte Servicewüste - vom mündigen Kunden hat man hier wohl noch nichts gehört!

Kandidat 6: Stadt und Land. Die modernisierte Zwei-Zimmer-Wohnung im Süden Neuköllns hat ein paar Schmankerl zu bieten: Aufzug, Balkon, doppelt verglaste Fenster. Die Vertreterin der Wohnungsbaugesellschaft meint, den Energieausweis würden wir in der Verwaltung bekommen. Wir rufen dort an, und zwölf Minuten später liegt er im E-Mail-Postfach.

Fazit: Genauso sollte es sein - eindeutiger Testsieger!

ALEXANDRA KUNZE SEBASTIAN HEISER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!