Energie vom Chef selbst: In Deutschland boomt der Sonnenstrom – und die Bonner SolarWorld AG mischt kräftig mit:
Der Werbeslogan hat es in sich: „Sonne. Energie vom Chef selbst.“ Dazu das Bild einer Nonne mit siliziumblau verspiegelter Sonnenbrille. Keine Frage: Die Strategen der SolarWorld AG in Bonn sind kreativ zu nennen.
So sehr, wie auch der Firmenchef ein Mann mit erfrischenden Visionen ist. Die „ineffiziente Stromerzeugung aus fossilen Energien“, formuliert Frank Asbeck, „wird ein vorübergehendes Ereignis sein“. Und weil „die Solarstromtechnik aus der modernen und gerechten Welt von morgen nicht mehr wegzudenken“ ist, hat Asbeck sich zum Ziel gesetzt, einen „vollständig integrierten Solarkonzern“ aufzubauen. Und er arbeitet massiv daran – wofür er nun mit dem Europäischen Solarpreis ausgezeichnet wird.
Photovoltaik, das ist die Welt des Frank Asbeck. Das Wort sagt bereits, um was es geht: Photo, weil Licht im Spiel ist, Voltaik, weil es um elektrische Spannung geht. Die Technik basiert darauf, dass Licht auf die Siliziumscheiben fällt; dass die Energie dort Elektronen herauslöst und sich so eine Spannung aufbaut. Bei vollem Sonnenlicht bringt jeder Quadratmeter etwa hundert Watt.
Das Prinzip kennt man schon lange. Bereits 1839 entdeckte Alexander Becquerel, dass auf diese Weise per Sonne Strom erzeugt werden kann. Doch erst 1954 wurde in den USA die erste Siliziumsolarzelle produziert. Anfangs wurden die Zellen nur in Satelliten eingesetzt; erst mit der Ölkrise in den Siebzigerjahren wurde ein Einsatz auch auf Erden debattiert und behäbig vorangetrieben. Der große Durchbruch fand erst zur Jahrtausendwende statt. Japan hatte ein Siebzigtausenddächerprogramm aufgelegt, Deutschland übertrumpfte 1999 mit dem Hunderttausenddächerprogramm und ein Jahr später mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz; dieses legte für Solarstrom bessere Einspeisevergütungen fest, als man sie je zuvor kannte.
Entsprechend entwickelte sich der Solarstrom, Deutschland wurde weltweit zum Marktführer. 1990 waren bundesweit gerade 1,4 Megawatt Photovoltaik am Netz, zehn Jahre später schon gut hundert. Wenn man den Prognosen des Deutschen Fachverbandes Solarenergie vertraut, dürften es im kommenden Jahr bereits deutlich über dreihundert Megawatt werden – das entspricht der Leistung des Atomkraftwerks Obrigheim.
Anders als die Atomwirtschaft mit ihren Milliardensubventionen kann mit Solarstrom noch kein Hausbesitzer den großen Gewinn erzielen. Inzwischen kommen Solaranlagenbetreiber wenigstens halbwegs auf ihre Kosten. Eine Photovoltaikanlage in Hausdachdimensionen – im Mittel drei Kilowatt stark – kostet derzeit etwa sieben- bis achttausend Euro je Kilowatt. Größere Anlagen sind auch schon für sechstausend Euro je Kilowatt zu bekommen. Der jährliche Ertrag liegt üblicherweise zwischen acht- und neunhundert Kilowattstunden je installiertes Kilowatt. Diese Menge bringt bei gesetzlich garantierter Vergütung von derzeit 48,1 Cent je Kilowattstunde immerhin vierhundert bis 450 Euro im Jahr ein.
Trotz der stürmischen Entwicklung sind die meisten Hausdächer noch ohne. Selbst in Städten, die sich Solarstädte nennen, sind oft erst wenige Watt pro Kopf installiert. Solarzellen mit der Fläche eines DIN-A 4-Blattes pro Einwohner reichen mitunter schon, um einer Stadt das innovative Image der Solarkommune zu geben. Doch das wird sich ändern. Bald schon werde „die Sonnenenergie zu einer normalen Erscheinung geworden sein“, sagt SolarWorld-Chef Asbeck. Genau dafür kämpft er. Und sucht mitunter auch ungewöhnliche Verbündete; jüngst führte ihn sein Weg nach Rom zwecks Papstaudienz. Auch eine Solarzelle hatte er im Gepäck und präsentierte sie dem Heiligen Vater. „Mein Sohn, deine Bemühungen seien gesegnet“, sagte der schließlich. Klar, wo doch sein Chef tagaus, tagein die Power dafür liefert.
BERNWARD JANZING
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