: Energie-Pionier unter Strom
Solarstrom-Erzeuger kämpft um gerechten Einspeise-Vertrag mit den HEW ■ Von Gernot Knödler
Peter Klemm leitet seit einem Jahr Photovoltaik-Strom von seinem Dach ins Netz der HEW und hat noch keinen Pfennig dafür gesehen. Die Begründung des Ex-Monopolisten, man habe keinen Einspeise-Vertrag mit dem Mann aus Jenfeld geschlossen, hält dieser für nicht stichhaltig: Schließlich müsse jeder HEW-Kunde schon die erste Kilowattstunde, die er sich in einer neuen Wohnung aus der Steckdose zapft, bezahlen, auch wenn ein förmlicher Stromliefervertrag mit den HEW erst Tage oder Wochen später zustande komme.
Den Vertragsentwurf der HEW hat Klemm aus gutem Grund nicht unterschrieben: Er glaubt, dass die vorgeschlagene Vereinbarung einseitig den großen Stromversorger begünstigt. Den Streit um die Vertragsgestaltung hält Klemm für den eigentlichen Grund dafür, dass die HEW seinen Solarstrom noch nicht vergütet haben. „Die wollen nur, dass ich einen Vertrag unterschreibe, den ich nicht für fair halte“, sagt er. Denn auszusetzen hat er an dem HEW-Elaborat gleich mehrere Punkte.
Misstrauisch macht den Öko-Pionier, der stolz darauf verweist, Hamburgs erstes Nullenergie-Haus gebaut zu haben, zum Beispiel, dass ihm die HEW seinen Sonnenstrom „gemäß den gesetzlichen Vorschriften in ihrer jeweils gültigen Fassung“ vergüten wollen. Was, fragt er sich, passiert eigentlich, wenn eine in Zukunft möglicherweise schwarze Bundesregierung die Solarenergie-Förderung im Energieeinspeise-Gesetz (EEG) kippen sollte? Bei einer niedrigeren Vergütung für seinen Photovoltaik (PV)-Strom könnte er die Kalkulation für die 20 Quadratmeter Sonnenzellen auf seinem Dach in den Wind schreiben.
Außerdem gehen die HEW in ihrem Vertragsentwurf wie selbstverständlich davon aus, dass der PV-Strom mit dem HEW-Strom verrechnet wird, den Klemm aus dem Netz bezieht. „Wie kann man so was reinschreiben“, ärgert sich Klemm, „ich als möglicher Kunde von HEW bin doch etwas ganz anderes als der Anlagen-Betreiber, der einspeist“. Er sieht sich in seinen Möglichkeiten beschnitten, einen alternativen Stromversorger zu wählen.
Darüber hinaus wollen die HEW den Vertrag „auf unbestimmte Zeit, maximal für die gesetzlich (derzeit EEG) vorgeschriebene Förderzeit“ von 20 Jahren schließen. Der Stromversorger will Klemm außerdem keine regelmäßigen Vorauszahlungen gewähren, wie sie umgekehrt jeder HEW-Kunde auf seine Stromrechnung leisten muss. Klemm soll sein Geld einmal im Jahr und im Nachhinein bekommen.
Die HEW zeigen sich auf Nachfrage kompromissbereit: Man werde sich wohl demnächst mit Herrn Klemm einigen, stellt eine Sprecherin in Aussicht. Die Vergütung des Sonnenstroms werde sich explizit auf das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültige EEG beziehen, verspricht sie. Der von Klemm gelieferte Strom werde nachträglich bezahlt, ohne dass diesem ein wirtschaftlicher Nachteil entstehe. Die Verrechnung des gelieferten mit von der HEW bezogenem Strom sei „nicht unbedingt nötig“.
Klemm überrascht und erfreut diese „völlige Kehrtwendung“. Mit den HEW will er konsequent über alle offenen Details weiterverhandeln. Das sei wichtig, findet er, damit „alle, die in Hamburg was mit Solarenergie zu tun haben, einen sauberen Vertrag kriegen“.
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