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Energie-Dorado in NiedersachsenFrack mit Sausen

Experten sehen Risiken bei der unkonventionellen Gasförderung, aber keinen Grund, diese ganz zu verbieten. Die Klimabilanz ist mies.

Kontrollierbar: Das Wasser von Sherry Vargson brennt, seit auf ihrer Farm in Pennsylvania gefrackt wird. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Fracking-Technologie, mit der bisher nicht zugängliche Erdgasvorkommen erschlossen werden können, ist mit besonderen Risiken verbunden. Das bedeutet aber nicht, dass sie grundsätzlich verboten werden müsste: Die Technologie sei „kontrollierbar“. Zu dieser Einschätzung ist ein Kreis von WissenschaftlerInnen gekommen, der Förderung von Erdgas aus sogenannten „unkonventionellen“ Lagerstätten im Auftrag des Ölkonzerns Exxon-Mobil unter die Lupe genommen hat. Die Experten kommen von renommierten Einrichtungen wie verschiedenen Universitäten und dem Öko-Institut.

Mit Fracking lässt sich Erdgas fördern, das nicht in großen Hohlräumen lagert, sondern im Gestein festsitzt. Um es frei zu bekommen, pumpen die Ingenieure unter hohem Druck ein Gemisch von Wasser, Sand und Chemikalien ins Gestein. Dieses wird aufgesprengt, oder gefrackt, wie es im Fachjargon heißt. Durch die entstehenden Risse kann das Gas entweichen und in einem Bohrloch aufgefangen werden. Mit dieser Technologie sind im vergangenen Jahrzehnt in den USA Gasvorkommen von solchen Ausmaßen erschlossen worden, dass die Preise sanken.

Allerdings ist das Fracking mit einigen Problemen verbunden, wie die Wissenschaftler einräumen: Die unkonventionellen Lagerstätten liegen weniger tief als herkömmliche Gaslagerstätten und damit näher am Grundwasser. Erdbeben oder Fehler beim Bohren können dazu führen, dass Bohr- oder Lagerstättenwasser das Grundwasser vergiftet. Dass bei fehlerfreier Arbeit Fracking-Flüssigkeit ins Grundwasser gelangt, halten die Experten für „physikalisch denkbar aber höchst unwahrscheinlich“.

Für das Fracking muss die Erde an vielen Stellen angebohrt werden, so dass es sich in der betroffenen Landschaft deutlich bemerkbar machen wird: von der Optik, vom Lärm und vom Verkehr her.

Die vielen Bohrungen benötigen viel Energie. Außerdem gelangt dabei stark klimaschädliches Methangas in die Atmosphäre. Deshalb ist die Klimabilanz des unkonventionellen Erdgases nach Einschätzung der Experten um 30 bis 180 Prozent schlechter als bei herkömmlichem Erdgas. Würde statt Diesel Ökostrom beim Bohren eingesetzt läge der Wert bei 40 Prozent.

Das Fracking benötigt außerdem sehr viel Wasser: 20.000 Kubikmeter sind zum Bohren und Fracken pro Bohrloch notwendig. Ein Fünftel dieses Wassers kommt mit Schadstoffen angereichert zurück und muss entsorgt werden.

Wegen dieser Risiken empfiehlt der Expertenkreis erdbebengefährdete Gebiete zu Tabuzonen zu erklären; desgleichen Trinkwasserschutzgebiete und Gebiete, in denen das Tiefenwasser unter großem Druck steht und Frack-Wasser nach oben drücken könnte. Sie empfehlen, sich mit Probebohrungen und Demonstrationsvorhaben langsam an die Förderung heran zu tasten. Außerdem müsse darüber nachgedacht werden, die Förderstandorte in die Raumplanung einzubeziehen und Umweltverträglichkeitsprüfungen vorzuschreiben.

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