Enduring Freedom: Wie weiter, KSK?

SPD-Bundestagsfraktion diskutiert heute vier Optionen für die Zukunft der 100 Soldaten, die der Operation Enduring Freedom zugeteilt sind

Hüh? Oder lieber Hott? Vier Optionen für 100 Soldaten. Bild: dpa

BERLIN taz Frank-Walter Steinmeier beruft sich gerne auf die Vergangenheit seiner SPD als Friedenspartei. "Frieden zu erkämpfen", erklärte der Außenminister am Montag bei einer Buchvorstellung im Willy-Brandt-Haus, "das ist seit 140 Jahren historische Aufgabe und Selbstverpflichtung sozialdemokratischer Außenpolitik." Kein einziges Mal kam in seiner Rede das Wort "Afghanistan" vor. Steinmeier sprach lieber von den Verdiensten der großen sozialdemokratischen Außenpolitiker Willy Brandt und Egon Bahr. Gerne würde Steinmeier sich später eingeordnet wissen in die Reihe solch prominenter Vorfahren. Doch zurzeit ist es nicht einfach, Außenminister zu sein, schon gar nicht als Sozialdemokrat.

In der SPD läuft die Debatte über den Afghanistan-Einsatz gerade so richtig heiß. Im Fokus der Kritik steht die deutsche Beteiligung an der Operation Enduring Freedom, wie der 2001 begonnene Antiterrorkrieg unter amerikanischer Führung heißt. OEF ist zum Synonym für zielloses Bombardieren und getötete Zivilisten geworden. "Wahrscheinlich eine Mehrheit" der Abgeordneten sei gegen eine Verlängerung dieses Mandats, sagen SPD-Experten wie Rainer Arnold und Hans-Peter Bartels. Heute trifft sich die Fraktion zu einer Sondersitzung, Anfang September ist eine Fraktionsklausur geplant. Ziel der Debatte: "Wir wollen ein bestimmtes Signal an die Bundesregierung senden", sagt Bartels. "Das muss sie bei der Formulierung des Antrags auf Mandatsverlängerung berücksichtigen." Sprich: Die SPD wird einer Beibehaltung des Status quo nicht einfach so zustimmen. Sie verlangt Zugeständnisse.

Die könnten so aussehen: Die 100 KSK-Soldaten, die bisher für den Antiterrorkrieg bereitstehen, erhalten einen friedlicheren Auftrag. Sie könnten unter dem Mandat der Isaf-Schutztruppe afghanische Soldaten ausbilden, so ein Vorschlag aus dem Hause Steinmeier. Allerdings könnte dieser Schuss nach hinten losgehen - dann nämlich, wenn KSKler ihre Schutzbefohlenen in Gefechte in den besonders gefährlichen Süden Afghanistans begleiten müssen.

Ein anderer Vorschlag: Verteidigungsminister Franz Josef Jung sichert den Abgeordneten vor der Abstimmung mündlich zu, dass er die KSK bis zur nächsten Verlängerung im Herbst 2008 nicht in den Kampf schickt. Dann könnte formell alles beim Alten bleiben.

Oder: Die Option, 100 KSK-Soldaten nach Afghanistan zu schicken, wird komplett aus dem OEF-Mandat herausgestrichen. Dies fordern SPD-Außenpolitiker wie Niels Annen und Hans-Peter Bartels. Das Gesamtmandat, dem derzeit auch 250 Marinesoldaten am Horn von Afrika unterstehen, bliebe erhalten. Dies ist auch die Position der Grünen-Fraktion. Sie lehnt die Verlängerung von OEF ab. Teile der Basis stellen aber auch den Isaf-Einsatz in Frage - und verlangen vom Bundesvorstand, einen Sonderparteitag einzuberufen.

Doch es gibt auch Sozialdemokraten, die das Gegenteil wollen. Fraktionschef Peter Struck fordert die uneingeschränkte Verlängerung beider Einsätze - und liegt damit auf einer Linie mit der überwiegenden Mehrheit der Union.

Das alles muss Steinmeier im Blick haben, will er im Bundestag kein "Nein" zum Afghanistan-Einsatz riskieren. Das wiederum würde zu einem Riesenkrach zwischen SPD und Union führen.

Und nicht nur das: Als Außenminister muss Steinmeier auch an die Befindlichkeiten der Bündnispartner denken. Führende ehemalige Militärs wie der Generalmajor a. D. Manfred Eisele warnen vor einem Ausstieg aus OEF in Afghanistan: "De facto hätte das zwar keine Auswirkung, weil zurzeit ohnehin keine KSK-Soldaten für OEF im Einsatz sind. Aber für das Ansehen Deutschlands als Bündnispartner hätte das eine verheerende Wirkung."

Schon durch den Vorbehalt, dass die Bundeswehr im Rahmen der Schutztruppe Isaf nur im ruhigeren Norden eingesetzt werden darf, hätten die Deutschen "Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit" aufkommen lassen. Eisele, der früher beigeordneter UNO-Generalsekretär war, gibt zu bedenken, dass Deutschland damit auch die Möglichkeit verwirken würde, "auf eine Veränderung innerhalb von OEF" hinzuwirken.

Auch der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, hält die deutsche Beteiligung an OEF in Afghanistan für "militärisch unbedeutend", aber "politisch extrem wichtig, weil dies ein Artikel-5-Einsatz der Nato infolge des 11. 9. 2001 ist", sagte Kujat gestern der taz. Gerade darin besteht aber für die SPD der Charme, OEF nicht zu verlängern. "Wir würden auf etwas verzichten, was nicht wirklich gebraucht wird", gibt Bartels zu. "Aber damit würden wir ein klares politisches Signal setzen."

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