: Endlager Oppositionsbank
Mehr Opposition, keine Kompromisse? Die nordrhein-westfälischen Grünen debattieren den Fall Loske. Landesführung spielt Rücktritt des Fraktionsvizes herunter. Basisvertreter für Neuanfang
VON MARTIN TEIGELER
Ein Rücktritt hat die Strategiedebatte bei den NRW-Grünen neu entfacht. Nachdem der Leverkusener Bundestagsabgeordnete Reinhard Loske als Fraktionsvize hinwarf, diskutieren Funktionsträger und Mitglieder den weiteren Weg der grünen Partei. „Das war ein wirkungsvolles Signal“, sagt Münsters Grünen-Chef Wilhelm Achelpöhler. Die Diskussion um grüne Oppositionspolitik habe durch den Schritt Loskes „einen tüchtigen Schub bekommen“. Die grüne Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger spielt den Konflikt dagegen eher herunter (Interview).
Anlass des Rücktritts war ein Streit in der grünen Bundestagsfraktion (taz berichtete). Loske schlug ein neues Konzept zur atomaren Endlagerung vor: Der Staat solle ein Endlager für Atommüll suchen. Dagegen stand ein alter Gesetzentwurf von Exumweltminister Jürgen Trittin, wonach die Stromkonzerne sich ihr Endlager selbst wählen. Trittin gewann die Abstimmung gegen Loske mit 22 zu 15 Stimmen. Das Problem gehe aber über den konkreten Fall hinaus, so Loske, der sich als Ökologe bei den Grünen „ziemlich einsam“ fühlt.
Sollen die Grünen das Erbe der rot-grünen Regierungszeit verwalten und ein politisches Endlager Opposition betreiben? Oder muss die Partei neu starten in der Opposition, ohne auf alte Regierungszwänge acht zu geben? „Rot-Grün ist Geschichte. Punkt. Aus“, sagt der Leverkusener Kreisverbandschef Kasim Deve. Das hätte die Mehrheit der Bundestagsfraktion offenbar noch nicht kapiert. An der Basis herrsche Unverständnis, so Deve.
„Was da passiert ist, ist sehr bedenklich“, sagt Katharina Dröge, Landessprecherin der grünen Parteijugend. Loskes Rücktritt sei „ehrenwert“ gewesen. Die grüne Bundestagsfraktion müsse ihren Politikstil ändern. „Vielleicht sind auch zu viele von den alten Politikern dabei, die vorher Minister waren“, so Dröge. Die Mischung zwischen Ex-Kabinettsmitgliedern und neuen Gesichtern stimme noch nicht. Der Loske-Trittin-Konflikt sei leider „kein Einzelfall“, sagt der grüne NRW-Landtagsabgeordnete Horst Becker. Nicht zum ersten Mal würden alte Beschlüsse aus der grünen Regierungsära für „sakrosankt“ erklärt.
Bärbel Höhn „akzeptiert“ den Loske-Rücktritt, bezeichnet den Schritt aber als „Fehler“. Die Ex-Umweltministerin und jetzige Bundestagsabgeordnete hatte die gleiche Position wie Loske vertreten und gegen Trittins Plan votiert. „Das ist nicht optimal gelaufen“, sagt Höhn. Die Grünen müssten ihre Oppositionsrolle finden. „Als wir in der Regierung waren, mussten wir Kompromisse machen.“ Jetzt in der Opposition sollte die Fraktion „unsere grünen Positionen“ vertreten. Höhn: „Es kann doch nicht sein, dass ich den Kompromiss mit Clement oder einem anderen Koalitionspartner noch mitdenke.“