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Ende der PartyWieder Schweineöde

Aus für die Standbar "Kiki Blofeld" in Oberschöneweide. Der Betreiber ist sauer auf den Bezirk und seinen Vermieter.

Coole Drinks sind an der Oberspree erstmal Geschichte Bild: dpa

Im jüngsten Kiez-Ranking der Zitty vor zwei Monaten ist Oberschöneweide auf einem hervorragenden 15. Platz gelandet. Der Mann, dem diese erstaunliche Platzierung mit zu verdanken war, sitzt nun in einem Café in Friedrichshain und bestellt sich einen Milchkaffee. Gerke Freyschmidt hatte im vergangenen Mai nach dreijähriger Pause das Kiki Blofeld von Mitte ausgerechnet in einen Kiez verfrachtet, der von Berlinern bislang gerne „Oberschweineöde“ genannt wurde. Acht Jahre lang war das Kiki Blofeld eine superangesagte Chill-Out-Area für Hipster, Partyvögel und andere Berliner gewesen, direkt an der Spree gegenüber der After-Hour-Legende Bar 25, um dann im Ausgeh-Niemandsland Oberschöneweide wieder aufzutauchen. Das war doch echt einmal eine Knallergeschichte.

Vor allem war es ein Experiment – und zwar eines, das krachend gescheitert ist, wie sich jetzt herausstellt. Und das, obwohl das Kiki Blofeld auch in dem Außenbezirk laut Freyschmidt ganz gut lief, „vor allem zur Fußball-WM“. Nun wurde auf der Homepage des Abhäng-Clubs verkündet, dass es nach der Winterpause keine Wiedereröffnung im Jahr 2015 geben werde.

„Das ganze war ein Fehler“, sagt Freyschmidt zerknirscht. Seine Analyse des Scheiterns ist mannigfaltig. Er spricht von eigenen Versäumnissen, sagt etwa: „Wahrscheinlich hätten wir gar nicht noch einmal unter dem Namen Kiki Blofeld eröffnen sollen. Die hohen Erwartungen, die damit verbunden wurden, konnten wir gar nicht erfüllen.“ Fest steht für ihn auch, dass er sich nie darauf hätte einlassen sollen, das Areal auf dem ehemaligen Werksgelände der AEG an der Spree nur befristet anzumieten, selbst wenn eine Option auf eine Verlängerung ausdrücklich besprochen wurde.

Sein Vermieter, der Rechtsanwalt Sven Herrmann, dem die Reinbeckhallen gehören, von denen eine dem Kiki Blofeld überlassen wurde, habe sich einfach nicht in die Karten schauen lassen, was die Zukunft des Geländes betrifft, so Freyschmidt. Tatsächlich äußert sich Herrmann nun so, dass er sich immer noch vorstellen könne, das Kiki Blofeld zu beherbergen, aber erst wieder 2016, da das Gelände 2015 saniert werde. Eine Planungssicherheit hätte für Freyschmidt wirklich anders ausgesehen.

Vor allem aber, so berichtet dieser, habe ein Nervenkrieg gegen die lokalen Ämter dazu geführt, dass er sich enttäuscht wieder aus Oberschöneweide zurückgezogen hat. Dieser Vorwurf, die Ämter hätten „alles dafür getan, um uns loszuwerden“, findet sich auch auf der Homepage des Kiki Blofeld.

Der mit dieser Schelte konfrontierte Baustadtrat von Treptow-Köpenick, Rainer Hölmer, dessen Amt für Oberschöneweide zuständig ist, sagt zwar, man sei „dem Betreiber entgegen gekommen“. Der aber behauptet im Gespräch nochmals dezidiert das genaue Gegenteil. Auch spricht er von einer „DDR-Ämtermentalität“, auf die er gestoßen sei, auf eine vorherrschende „unglaubliche Angst vor allem Fremden und Innovativen“. Glaubt man Freyschmidt, ist er, der ein wenig lässigen Mitte-Glanz in einen traurigen Außenbezirk bringen wollte, eben nicht mit offenen Armen empfangen worden, sondern von einer Art lokalen Amts-Pegida aus dem Stadtteil vertrieben worden.

Mal sei ihm ohne wirklich nachvollziehbare Begründung das Veterinäramt auf den Hals gejagt worden; dann sei ihm mit dem Hinweis auf Denkmalschutz die Anbringung eines Banners untersagt worden, obwohl das mit dem Denkmalschutz gar nicht stimmen würde.

Er sei übrigens nicht der einzige Ortsfremde, der unter den Machenschaften des lokalen Beamtenbüttels gelitten habe, sagt Freyschmidt. Bryan Adams, der kanadische Rockstar und Fotograf, hat eine der Reinbeckhallen gekauft. Was mit dieser genau passieren soll, ist noch nicht klar. Bei einer kleinen Einweihungsfeier, auf der der Star persönlich anwesend war, soll jedoch eine Dame vom Bauamt Treptow-Köpenick den Promi aus Übersee vorsorglich darüber belehrt haben, so Freyschmidt, dass dieser aufgrund irgendwelcher Bestimmungen in seiner Halle nicht schlafen dürfe. Die vom Bauamt Treptow-Köpenick, sagt Freyschmidt, haben „einfach eine riesige Angst davor, Fehler zu machen und sich Beschwerden einzuholen, darum versuchen sie lieber gleich, alles mögliche zu unterbinden.“

Dennoch glaubt Freyschmidt, dass Oberschöneweide ein aufstrebender Bezirk ist und betont, dass er mit dem Bürgermeister des Stadtbezirks, Oliver Igel, eigentlich nur gute Erfahrungen gemacht habe. „Der ist aufgeschlossen gegenüber Veränderungen.

„Diplomaten hocken mit Bauarbeitern am Lagerfeuer“, das sei seine Idee für das Kiki-Blofeld-Revival in Oberschöneweide gewesen. Nun ist dieser Traum ausgeträumt, und der Stadtteil wird im nächsten Zitty-Ranking bestimmt wieder ein paar Plätze nach hinten rutschen. Außerdem werde es nie wieder ein Kiki Blofeld geben, sagt Gerke Freyschmidt.

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