: Empörung in der FMLN über Ortega
Die salvadorianische Guerilla sieht den diplomatischen Erfolg ihrer Offensive unterlaufen Daniel Ortega zeigt sich deprimiert / 100.000 Dollars für „Waffen für El Salvador“ überreicht ■ Aus Managua K.D. Tangermann
Die salvadorianische Guerilla FMLN ist konsterniert über die Erklärung des mittelamerikanischen Präsidenten-Gipfels, „jene Regierungen zu unterstützen, die aus demokratischen und pluralistischen Prozessen hervorgegangen sind“. Dabei wurde der rechtsradikalen Regierung Cristiani „entschlossene Unterstützung“ zugesagt. Besondere Empörung richtet sich gegen einen der Unterzeichner: Nicaraguas Präsidenten Daniel Ortega.
„Wir haben eine solche Erklärung nicht erwartet“, gesteht Salvador Samayoa von der Politisch-Diplomatischen Kommission der FMLN gegenüber der taz ein.
Seine Kollegin Nidia Diaz: „Das Abkommen von San Jose reflektiert nicht die gegenwärtige Lage in El Salvador. Die Bombardements gegen die Zivilbevölkerung und die Ermordung der sechs Jesuiten haben doch jeden Zweifel am menschenverachtenden Charakter des Regimes ausgeräumt. Die Unterstützung Cristianis durch die Präsidenten wird die Repression jetzt nur noch erhöhen.“
Letztlich, so die Meinung der FMLN, mache die Präsidentenerklärung einen Großteil gerade jenes internationalen diplomatischen Aufwindes zunichte, den sich die FMLN mit ihrer gegenwärtigen Offensive erkämpft hatte. Der internationalen Öffentlichkeit sei doch gerade klargeworden, daß Cristiani, der „mit Terroristen nicht einmal über einen Bleistift verhandeln“ wollte, die bisherigen Dialogrunden nur zur Fassade für die Ausweitung des Kriegs benutzt habe. „Und jetzt fordern die Präsidenten ihn ausdrücklich zur Fortsetzung dieses Spiels auf.“
Kaum nach Nicaragua zurückgekehrt, sah sich Ortega mit dem Vorwurf konfrontiert, die FMLN verkauft zu haben, um von den anderen Präsidenten eine Zustimmung zur sofortigen Auflösung der nicaraguanischen Contra zu erhalten. Noch am selben Abend hielt er eine Fernsehansprache - ohne eine Spur seines üblichen Elans allerdings: So deprimiert, wie man ihn noch nie gesehen hatte, versuchte er den salvadorianischen Widerstand seiner Sympathie zu versichern.
Offenbar wird das politische Desaster für die beiden großen linken Kräfte in der Region in den nicaraguanischen Medien in einem ähnlichen Zustand der Depression zur Kenntnis genommen. Die beiden linken Zeitungen haben es bislang vermieden, die Präsidentenerklärung abzudrucken. Diese Aufgabe übernahm die rechte 'Prensa‘ mit spürbarer Genugtuung.
Eine Freude blieb der FMLN: Am selben Tag konnte sie von der taz-Kampagne „Waffen für El Salvador“ 100.000 Dollar in Empfang nehmen. Samoya: „Diese Unterstützung hätte zu keinem günstigeren Zeitpunkt kommen können.“
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