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■ Emily's List in England: Mehr Frauen in politische ÄmterDie Knete läßt den Teig quellen

London (taz) – Es wird eine cremige dicke Torte sein, die eine Gruppe von Politikerinnen, Richterinnen, Geschäftsfrauen, Autorinnen und Journalistinnen heute vormittag im britischen Unterhaus anschneiden wird. Die Labour- Frauen vom Format einer Glenys Kinnock oder der Schriftstellerin Sue Townsend werden sie sich auf der Zunge zergehen lassen. Schlucken werden allerdings zahlreiche ihrer männlichen Kollegen, die dem ganzen argwöhnisch gegenüberstehen: denn 75 Jahre nachdem britische Frauen sich das Recht erkämpft haben, zu wählen und gewählt zu werden, nehmen sie Anlauf zu einem neuerlichen Sturm aufs Parlament. Bei dem Anblick des müden Verhältnisses von eins zu zehn, mit dem sie dort vertreten sind, sind sich zumindest die Labour-Frauen einig: Etwas muß sich ändern. Emily's List, so heißt die Fahrgemeinschaft, mit der die Labour-Politikerinnen künftig mehr Power in ihrer Regierung ansteuern. Die Kampagne, die sie heute ihren Kolleginnen im House of Commons vorstellen, ist eine gezielte Initiative, um künftig mehr Frauen in politische Ämter zu bringen. Die Regel, die dabei zu beachten ist: Geld wirkt Wunder. Da brauchten die Labour-Frauen nur einen Blick 'rüber zu ihren demokratischen Kolleginnen nach Amerika werfen, die ihnen unlängst vorgemacht haben, wie es funktioniert. Die Anfangsbuchstaben von Emily stehen nämlich für „Early Money is like Yeast“ (Rechtzeitiges Geld ist wie Hefe) und heißt soviel wie: Die Knete läßt den Teig quellen. Grundlage der Kampagne ist ein Fonds, der fortan allen Frauen, die kandidieren wollen, den richtigen Kickstart ermöglichen soll. Angefangen von der richtigen Wahlwerbung bis hin zu elementaren Hilfestellungen wie Kinderbetreuung, Unterbringung und Transporthilfe während der Wahlkampagne soll Emily den Politikerinnen auf unterschiedlichste Weise zugute kommen. In den USA, wo Emily's List vor sechs Jahren gegründet wurde, hat diese Starthilfe bereits Wunder gewirkt. Mit rund 24.000 Frauen hat sich die Initiative dort inzwischen zu einer der größten und einflußreichsten des Landes etabliert. 6,2 Millionen Dollar brachten sie im vergangenen Jahr durch Mitgliedsbeiträge, Spendenaufrufe und gigantische Aktionen zusammen, um damit ausschließlich demokratische Politikerinnen zu unterstützen – mit durchschlagendem Erfolg: die Zahl der Frauen im Repräsentantenhaus steigerte sich von zwölf auf 36, die im Senat von eins auf fünf.

Die englischen Labour-Frauen haben sich zunächst ein bescheideneres Ziel gesteckt: 30.000 Pfund (rund 75.000 DM) wollen sie in diesem Jahr zusammenbringen. Kein Griff nach den Sternen, 25.000 Pfund haben sie schon im Topf. Siegesgewiß erklärte auch eine politische Aktivistin: „Wenn ich ein Mann wäre, würde mich Emily's List echt nervös machen, denn ich wüßte: Sie hat eine realistische Chance zu gewinnen!“

Schriftstellerin Sue Townsend erhofft sich bereits „eine Superwoman, die tut, was Clinton getan hat“. Aber gerade da sind viele ihrer Kolleginnen eher skeptisch. Emily, argumentieren sie im Blick auf die „Clintonisation“ ihrer Partei, bleibt ein Import aus USA, wo sie im Kontext der Abtreibungsdebatte oder dem Anita-Hill/Clarence-Thomas-Skandal eine besondere Bedeutung bekam. Vorsicht bei der britischen Adaption, warnen nicht wenige Frauen, schließlich gebe es Wesensunterschiede zwischen ihnen und US-Demokratinnen à la Barbra Streisand.

Premier Major jedenfalls dürfte schwindlig werden bei dem Gedanken, daß seine Kolleginnen vielleicht schon morgen zu den Klängen von Fleetwood Mac durchs distinguierte Unterhaus rocken... Antje Passenheim

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