Email-Skandal in Geldern: CDU klaut eigener Fraktion die Mails
Bernd Holz ist CDU-Kommunalpolitiker. Seine Mails wurden von seiner Partei automatisch umgeleitet. "Eine Mail ist wie eine Postkarte zu bewerten", sagen die. Holz hat Strafanzeige erstattet.
KÖLN taz | Das Spargeldorf Walbeck ist eines jener kleinen verschlafenen Örtchen am Niederrhein, in denen noch jeder jeden kennt. So wunderte sich Bernd Holz, der das "Spargeldorf" bis zum vorvergangenen Sonntag im Rat der Stadt Geldern vertrat, auch nicht darüber, warum ihn bisher noch nie eine E-Mail erreichte - obwohl doch seine Mailadresse auf der Webseite der CDU Geldern verzeichnet war.
"Ich dachte, in so einer kleinen Ortschaft wie hier in Walbeck nutzen die Bürger eben keine Mails, sondern sprechen mich direkt an", glaubte der CDU-Kommunalpolitiker. Doch inzwischen weiß er, dass das wohl etwas naiv war.
Wer unter bernd.holz@cdu-geldern.de eine Mail an den bisherigen CDU-Ratsherrn schickte, landete bei dessen Gelderner Stadtverband. Das hat Holz jetzt herausgefunden: Die örtliche CDU hat tatsächlich die mit dem jeweiligen Vor- und Nachnamen personalisierte elektronische Post ihrer Ratsmitglieder automatisch umgeleitet. Informiert hat sie die jeweiligen Adressaten über diese eigentümliche Praxis nicht.
Auf die Mailumleitung war Holz durch einen Zufall gestoßen: Ein Bürger, an den er eine SMS gesendet hatte, antwortete per E-Mail. Die erreichte ihn jedoch erst über einen Umweg - Holz bekam die Mail von der stellvertretenden CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Marianne Ingenstau weitergeleitet. Die fragte dann auch gleich nochmal nach, um was es in der Mail eigentlich gehe.
Dadurch sei ihm klar geworden, dass seine Mails "abgefangen und mitgelesen" wurden, empört sich Holz und spricht von einem "eklatanten Vertrauensbruch". Von seiner Partei fordert er nun eine „lückenlose Aufklärung“, sogar Strafanzeige hat der Christdemokrat gestellt. „Das Vertrauen der Bürger und der Parteimitglieder ist nachhaltig geschädigt“, sagte der 40-jährige Politiker der Rheinischen Post, die den Vorgang publik gemacht hat.
Stadtverbands-Vize Ingenstau, die auch die CDU-Ratsfraktion anführt, kann die Aufregung jedoch nicht nachvollziehen. Der Vorstand habe sich "rechtlich schlau gemacht", sagte sie. "Demnach ist eine Mail wie eine Postkarte zu bewerten." Deshalb glaube sie auch "nicht, dass es da Probleme gibt". Im Sinne des Strafgesetzbuches werde das Briefgeheimnis schließlich erst durch die unbefugte Öffnung eines verschlossenen Briefes verletzt. Die Umleitung gebe es "seit etwa einem Jahr".
Doch der Unmut in der Partei über das "Mini-Watergate" (WDR) ist groß. Intern soll sogar schon von "Stasi-Methoden" die Rede sein.
Via Twitter forderte der frisch bestätigte CDU-Bürgermeister Ulrich Janssen: "Die Verantwortlichen sollten schnell, besonnen, nachhaltig handeln." Eine erste Reaktion hat es bereits gegeben: Von der Internetseite der CDU Geldern wurde die E-Mail-Adresse von Bernd Holz mittlerweile einfach stillschweigend gelöscht. Die der anderen Ratsmitglieder nicht.
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