: Elzeard und die Eicheln
■ Wie einer versucht, sein Land zu retten
(...) Als er den vorgesehenen Platz erreicht hatte, steckte er die Eisenstange in die Erde. In das entstandene Loch legte er eine Eichel, und dann deckte er es wieder zu. Er pflanzte Eichen. Ich fragte, ob der Boden ihm gehöre. „Nein“, antwortete er. Ob er wisse, wem er gehöre? Er wußte es nicht. Er nahm an, es sei Gemeindeland, oder vielleicht sei es im Besitz von Leuten, die sich darum nicht kümmerten. Ihn beschäftigten die Eigentümer nicht. Er setzte bedächtig seine hundert Eicheln. Nach dem Mittagessen begann er wieder, Samen auszulesen. Ich glaube, diesmal war ich zähe genug in meinem Fragen, jedenfalls antwortete er mir jetzt. Seit drei Jahren pflanzte er Bäume in dieser Einsamkeit. Hunderttausend hatte er gepflanzt. Zwanzigtausend von diesen hunderttausend waren gesproßt. Er rechnete mit einem weiteren Verlust von zehntausend, denn er dachte an die vielen Nagetiere, und außerdem war es ihm wohlbewußt, wie unmöglich es ist, die Pläne der Vorsehung vorauszuahnen. Zehntausend Eichen aber blieben übrig, und die gediehen an dem Ort, wo vorher gar nichts gewesen war. (...) Er hieß Elzeard Bouffier. Einst hatte er im Flachland einen Bauernhof besessen. Dort hatte er sein Leben verbracht. Er hatte seinen einzigen Sohn verloren und später seine Frau. Er hatte sich in die Einsamkeit zurückgezogen, und er fand Gefallen an dem gemächlichen Dasein mit seinen Lämmern und seinem Hund. Er war zur Überzeugung gelangt, das Land gehe zugrunde, weil die Bäume fehlten. Er fügte bei, er sei entschlossen, dem abzuhelfen. (...)
Aus: „Der Mann, der die Bäume pflanzte“ von Jean Giono.
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