Eltern benutzten 6-jährigen Sohn: Ballonfahrt war PR-Gag
Vier Stunden bangte die US-Öffentlichkeit um das Schicksal eines Sechsjährigen, der angeblich mit einem Ballon fortgerissen worden war. Doch die Eltern zogen nur eine Show ab, um bekannt zu werden.
FORT COLLINS ap | Das vermeintliche Verschwinden eines sechsjährigen Jungen in einem Heißluftballon, das die USA stundenlang in Atem hielt, war nach Ermittlungen der Behörden nur ein Publicity-Gag. Sheriff Jim Alderden erklärte am Sonntag, die Eltern hätten "eine gute Show für uns abgezogen, und wir haben sie ihnen abgekauft". Er erwarte strafrechtliche Konsequenzen. Den Eltern drohen Haftstrafen bis zu sechs Jahre und ein Bußgeld in Höhe von 500.000 Dollar (335.000 Euro).
Vermutlich hätten die Eltern die Geschichte erfunden, um Aufmerksamkeit für den selbst gebauten Ballon zu erwecken oder sich für einen Auftritt in einer Reality-TV-Show zu positionieren, sagte Sheriff Alderden. Die Familie trat schon in der Reality-Serie "Wife Swap" auf, die in Deutschland unter dem Namen "Frauentausch" bekannt ist. Dabei tauschen Familienmütter für einige Zeit ihre Familien. Die Eltern hatten sich laut Alderden an einer Schauspielschule in Hollywood kennengelernt.
Die drei Söhne der Familie hätten von der Inszenierung gewusst, sagte der Sheriff vor Journalisten. Ihnen drohten aber wegen ihres Alters vermutlich keine Strafen. Der älteste der Jungen ist zehn Jahre alt. Die Kinder befanden sich am Sonntag noch in der Obhut ihrer Eltern. Die Jugendschutzbehörden prüften aber den Fall.
Zweifel an Versteck über Garage
Mehr als vier Stunden lang hatte die amerikanische Öffentlichkeit am Donnerstag um das Leben des Jungen gebangt. Ein Bruder des Verschwundenen hatte nach Angaben der Eltern erklärt, er habe gesehen, wie der Sechsjährige in den Ballon gestiegen sei.
Daraufhin waren Rettungskräfte in der Luft und am Boden stundenlang im Einsatz und folgten dem Ballon rund 80 Kilometer weit, das US-Fernsehen berichteten live. Der Ballon flog zwei Stunden lang und landete schließlich 80 Kilometer entfernt auf einem Feld - ohne den vermeintlichen Passagier.
Später hieß es, das Kind habe sich die ganze Zeit auf dem Dachboden der elterlichen Garage versteckt gehalten. Auch dies bezweifeln die Ermittler aber inzwischen und erklärten, möglicherweise sei der Junge auch auf dem Spielplatz gewesen.
Die Polizei war erstmals misstrauisch geworden, als der Sechsjährige am Freitag in einer Talkshow auf die Frage, warum er nicht aus seinem Versteck gekommen sei, offenbar zu seinem Vater sagte: "Du hast gesagt, wir machen das für eine Show." Der Familienvater sagte am Sonntag unter Tränen: "Diese Sache ist so verworren geworden."
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