Elektrobranche warnt vor Stromengpässen: Windstrom hat eine lange Leitung
Soll der Anteil erneuerbarer Energien steigen, muss das Stromnetz mit Milliarden ausgebaut werden, warnt die Elektrobranche. Kritiker misstrauen der Rechnung.
Die Elektrobranche in Deutschland schlägt Alarm: "Wird das hiesige Stromnetz nicht schnellstens ausgebaut und umgerüstet, kann es den wachsenden Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien nicht aufnehmen", sagte Joachim Schneider, Präsident des Verbandes der Elektrotechnik (VDE), am Mittwoch.
Nach einer Studie der Deutschen Energieagentur (Dena) müssen in Deutschland in den nächsten zehn Jahren 850 Kilometer Hochspannungsleitungen gebaut werden, um einen Anteil von 20 Prozent erneuerbarer Energien an der Stromversorgung zu erreichen. Dazu seien Investitionen von 20 Milliarden Euro nötig, der Strompreis erhöhe sich dadurch um 0,1 bis 0,2 Cent, so Schneider.
"Der Netzumbau hängt dem Ausbau der erneuerbaren Energien dramatisch hinterher", warnte Schneider. Schon heute komme es an 150 Tagen in Jahr zu ernsthaften Engpässen im ostdeutschen Stromnetz, sagte Wilfried Fischer des dortigen Netzbetreibers 50 Hertz: Brandenburgs Windräder produzierten an windigen Tagen so viel Strom, dass die Leitungen es kaum in die nachfragestarken Regionen Süd- und Westdeutschlands transportieren könnten.
Obwohl die "Dena-Netzstudie 1" schon fünf Jahre alt ist, wurde erst ein Bruchteil ihrer Forderungen umgesetzt. Die Politik biete Netzbetreibern zu wenig Anreize zu Innovationen, sagte Schneider. Zudem stößt der Bau von Überlandleitungen auf heftige Gegenwehr in den betroffenen Regionen. Gegen die "Thüringer-Strombrücke", eine Ost-West-Verbindung, kämpfen zahlreiche Bürgerinitiativen. Lorenz Jarras, Gutachter der betroffenen Gemeinden, sprach von "Pseudoargumenten" der Energiekonzerne. Denen gehe es mit dem Leitungsbau nicht nur um den Transport erneuerbarer Energie, sondern auch um den von Braunkohlestrom.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Verbotskultur auf Social Media
Jugendschutz ohne Jugend