: Eleganz und —gie
■ Miroslav Vitous und Jan Garbarek: Der 500. Abend im KITO
Es war die 500. Veranstaltung, die das KITO in seinen gut drei Jahren gemacht hat, und es war das letzte Konzert vor der langen Sommerpause — da konnte man etwas besonderes erwarten. Und schon begann es mit einer angenehmen Überraschung, nämlich dem Bremer Jazzpianisten Michael Berger, der etwa 25 Minuten lang auf dem prächtigen Flügel improvisierte, als wär's eine Overtüre für das Duo: sehr romantisch, melodiös, dann wieder freier und expressiv. Mit Griffen in die Saiten verfremdete er den Ton des Instruments, ganz ähnlich wie Vitous später auf dem Bass.
Im Duo trafen dann zwei Temperamente aufeinander: Der elegisch klagende Ton von Garbareks Saxophon und Vitous' elegante Baßläufe ergaben genau den Kontrast, der Garbarek vor der (bei ihm immer lauernden) Gefahr bewarte, penetrant zu wirken. Statt dessen nahm er sich erstaunlich weit zurück, spielte kompakter und konzentrierter als bei seinen letzten Auftritten in Bremen und wirkte manchmal fast wie der Sideman von Vitous. Denn für diesen war der Auftritt eine Tour de Force, bei der er manchmal gleichzeitig die Rollen des Bassisten, Percussionisten und Melodieträgers übernahm.
Oft schlug er mit der linken Hand die Saiten an, während er mit der rechten Hand auf den Klangkörper des akustischen Basses trommelte, wodurch er wie eine erstaunlich differenzierte und wohlkingende Rhythmusgruppe klang. Sein Sound mit sehr viel Hall gefiel offensichtlich nicht allen ZuhörerInnen, aber er machte durchaus Sinn, denn so klang das Duo viel voller und satter.
Garbarek klapperte zwar auch zweimal etwas armselig mit den Ventilen seines Saxophons, und bei einem Stück setzte er einen Midicomputer ein, der seine Sounds mehrstimmig und etwas verzögert wiedergab, so daß er von einem Chor von Echos begleitet wurde. Davon abgesehen beschränkte er sich aber auf seinen klaren und asketischen Ton — und schuf auch dadurch einen Kontast zum spielerischen Barock von Vitous.
Die beiden spielten fast ausschließlich Kompositionen des tschechischen Bassisten: sehr melodiöse und fein konstruierte Kleinode in bester ECM-Tradition. (Natürlich ist das Duo auf Tournee, weil es auf dem Edellabel gerade eine CD herausgebracht hat). Ein wenig Studioatmosphäre schlich sich auch im KITO ein: Vitous trug während des gesamten Konzertes Kopfhörer. Willy Taub
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