: Eldorado-Stimmung vor Neujahr
Die Strompreise in Nordrhein-Westfalen werden ab Januar kräftig steigen. Bevor im Jahr 2005 die neue Regulierungsbehörde ihre Arbeit aufnimmt, drehen die Konzerne an der Preisschraube
VON KLAUS JANSEN
Im Januar 2004 war es die Praxisgebühr: Zehn Euro pro Quartal, für jeden. Im Januar 2005 sind es die Stromkonzerne, die für den ersten Aufreger des Jahres sorgen werden. In Nordrhein-Westfalen sollen die Preise für Strom flächendeckend steigen.
Durchschnittlich fünf Prozent mehr werden die Verbraucher nach Angaben des NRW-Energieministeriums im kommenden Jahr für Strom bezahlen müssen, vielerorts steigen die Preis um über sechs Prozent (siehe Kasten). Führende Stromerzeuger wie RWE hätten ihre Preise sogar gerne um bis zu acht Prozent erhöht, erst das NRW-Energieministerium deckelte in den Genehmigungsverfahren den Preisanstieg. Man habe dafür sorgen müssen, dass die Mehrkosten der Unternehmen nur im „wirklich erforderlichen“ Umfang an die Verbraucher weiter gegeben werden, sagte NRW-Energieminister Axel Horstmann (SPD). RWE klagt schon jetzt wegen der aus Unternehmenssicht zu geringen Preiserhöhung über sinkende Gewinnaussichten.
Die Stromkonzerne begründen ihre Preiserhöhungen mit gestiegenen Brennstoffkosten und Mehrbelastungen durch das Gesetz für erneuerbare Energien. Kritiker werfen den Erzeugern jedoch andere Motive vor: Da ab dem Jahr 2005 eine neue Regulierungsbehörde die Preispolitik der großen Konzerne im Strom- und Gasgeschäft kontrollieren soll, versuche man nun, noch rechtzeitig das Preisniveau anzuheben. „Das wirkt wie Eldorado-Stimmung“, kritisiert Roland Schmied, Sprecher des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft in Essen. Gewerbekunden empfiehlt der Verband, Preiserhöhungen bei Strom und Gas nicht vorbehaltlos zu akzeptieren und mit den Stromproduzenten nachzuverhandeln. „Da kann man oft noch etwas herausholen“, so Schmied.
Auch Verbraucherschützer wehren sich gegen die Preiserhöhungen. Die Verbraucherzentrale NRW empfiehlt Privatkunden, nur unter Vorbehalt die höheren Preise zu zahlen. „Es gibt beträchtlichen Unmut in unseren Beratungsstellen“, sagt Peter Blenkers, Energieexperte der Verbraucherzentrale. Die Preiserhöhungen seien auch auf ein „Versagen der Politik“ zurückzuführen, die nicht entschlossen genug für mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt sorge.
Einzelne Stromunternehmen scheren schon jetzt aus der Front der Preistreiber aus: Das Kölner Unternehmen GEW Rheinenergie garantiert für 2005 konstante Preise für Privatkunden – und nimmt das gleich zum Anlass, eine Werbekampagne zu starten. „Wir haben Kostensenkungen im Unternehmen vorgenommen, davon profitieren nun die Kunden“, sagt Unternehmenssprecher Christoph Preuß. Zur Konkurrenzschelte hinreißen lässt er sich nicht: „Es ist schon so, dass viele Unternehmen gestiegene Kosten weitergeben müssen.“