■ Ekel-Künstler Motamedi eröffnet ein eigenes Museum: Ein Mann sieht Kot
Wuppertal (taz) – Ein interessantes Atelier das: Hier liegen gesammelte Fußnägel, dort finden sich berußte Kessel, und blutrote gebrauchte Damenschlüpfer sind mit Klammern an eine Wäscheleine gekrallt. Auf großflächige Leinwände sind grüne Schwänze gestempelt, versehen mit satten kackbraunen Spritzern.
In dieser privaten Wuppertaler Kunstsammlung stinken mehr als 500 Austellungsstücke zum Himmel. „Der Geruch von Verwesung gehört halt zu meiner Werkstatt“, erläutert der 32jährige Aktionskünstler Motamedi sein anrüchiges Kunstkonzept. Auch für seine Zusatzspezialisierung auf Exkremente hat der Mann eine kulturhistorische Quelle parat. Er sieht sie in der ungewöhnlichen Kunstauffassung „in der jahrtausendealten Tradition der buddhistischen Ausscheidungsmeditationen“ begründet. Dennoch können sich die Besucher das Kotzen nur mit Mühe verkneifen.
Seit Jahren schon ist der gebürtige Iraner mit derartiger Kunstbetriebsbescheiße aktiv: Für den Bergischen Kunstpreis bewarb sich der Meisterschüler der Freien Kunsthochschule zu Köln beispielsweise mit einer Plastik, die aus geöffneten Thunfischdosen – welche wohlgemerkt schon vor Jahren geöffnet wurden – mit Madenbefall bestand. Die konsequenterweise mit dem Titel „Geschwister“ versehene Plastik wurde jedoch kurzerhand vom Museumsdirektor zurückgewiesen. Aus „hygienischen Gründen“, wie es hieß. Dieser Kunstbanause fühlte sich nämlich in erster Linie für „das gesundheitliche Wohlergehen der Museumsbesucher verantwortlich“. Weil aber der kostbare Kunstgegenstand anschließend schwere Beschädigungen aufwies, wurde Motamedi letztlich von einem Gericht eine Entschädigung von mehr als zehntausend Mark zugesprochen. Ausschlaggebend dafür war ein Gutachten der staatlichen Kunstsammlung Nordrhein- Westfalen. Darin wird festgestellt, daß „solche Dinge heute auf den internationalen Kunstmärkten Höchstpreise erzielen“.
Jüngst wurde Motamedi, der diplomierte Künstler, vom Vorwurf der Pornographieverbreitung freigesprochen. Während einer Performance entkleidete er sich, schor sein Körperhaar und nagelte dieses, büschelweise in Tüten verpackt, neben vor Ort produzierten geringen Mengen von Kot und Urin auf eine Leinwand. Allerdings blieb dem Körperkünstler der Höhepunkt seiner Kunstaktion versagt: Der Zeigefreudige vermochte trotz begeisterten Publikums nicht zu ejakulieren. „Der Raum war nicht optimal temperiert“, erklärte der Mann anschließend sein Scheitern. Aber sein Ziel, „mit dieser Performance Bewußtsein für den menschlichen Körper zu entwickeln“, sei trotzdem erreicht.
Auch in der Kulturhauptstadt Berlin hat Motamedi schon einschlägig gewirkt: In einer Prenzlauer Galerie briet er sich am Vereinigungstag eine Mahlzeit aus Thunfisch und Dosengulasch, verzehrte sie und kotzte sie unter Mühen wieder aus. Name des Kunstwerkes: „Thunfischdosen haben Vorurteile gegen Rindergulasch“. Derart inspiriert eröffnete Motamedi in Wuppertal sein eigenes Museum – das „Museum für Thunfischdose-Rindergulasch-Ausscheidungen und Verwesungen“ (NSHM). Dort kann man auch sein jüngstes Werk bestaunen: allmählich verwesende Küken. Insgesamt 40 Federviecher hat der Extremkünstler krepieren lassen und in verdreckten Kartons endgelagert. Thomas Meiser
NSHM, Friedrich-Engels-Allee 176, Wuppertal, Tel. 0202-80405. Besichtigung und Führung nur nach telefonischer Vereinbarung. Eintritt: 20 Mark
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