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Eis und SchneeLompscher taut auf

Als Konsequenz aus dem Schnee- und Eischaos im Winter auf den Gehwegen plant Umweltsenatorin Lompscher eine Gesetzesnovelle: Hauseigentümer sollen für Räumdienst haften.

Berlinale-Räumung: Muss Dieter Kosslick 2011 selbst den Schnee und das Streumittel wegfegen? Bild: dpa

BERLIN taz | Ekkehard Band hat mit Hauseigentümern in diesem Winter schlechte Erfahrungen gemacht. Wenn sich der Bezirk wegen nicht geräumter Gehwege gemeldet habe, waren "Eigentümer oft nicht auskunftsbereit oder sie wussten zum Teil nicht genau, an wen sie den Räumdienst abgegeben hatten", sagte der SPD-Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg. Die zentrale Stelle in Lichtenberg, bei der Hausbesitzer beauftragte Räumdienste melden müssen, sei überlastet gewesen.

Damit sich Eigentümer nicht mehr aus der Verantwortung stehlen können, beriet Band mit Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke), der Vorstandschefin der Berliner Stadtreinigung (BSR), Vera Gäde-Butzlaff, und Wirtschaftsvertretern am Mittwoch über Änderungen im Straßenreinigungsgesetz.

Ergebnis: "Hauseigentümer können Räumdienste beauftragen", sagte Lompscher. Faktisch sollen sie künftig - anders als bisher - aber dennoch haften, wenn sich vor dem Anwesen Schnee türmt und Menschen zu Schaden kommen; sie sollen auch alleiniger Ansprechpartner für die Bezirke sein.

Eigentümer sollen zudem verpflichtet werden, im Haus die Anschrift der beauftragten Räumfirma auszuhängen. Der Wohnungsunternehmerverband BBU erklärte indes, er sei dafür, dass in schneereichen Wintern die BSR einspringe: Sie habe ja oft gezeigt, dass sie mit "Extremereignissen" gut umgehen könne.

Neu aufgenommen ins Gesetz wird Lompscher zufolge auch die Pflicht zur Beseitigung von gefährlicher Glätte. Die Verantwortung für wichtige Plätze und etwa Fußgängerzonen soll der BSR übertragen werden - hier hatte es in den vergangenen Wochen Abstimmungsschwierigkeiten gegeben. Die Stadtreiniger kümmern sich künftig auch um Haltestellen. Dazu will Vorstandschefin Gäde-Butzloff mit den Verkehrsbetrieben und Räumfirmen beraten. "Wir müssen ja auch regeln, wie man an diese geräumten Bushaltestellen rankommt", sagte sie.

Senatorin Lompscher will prüfen, ob die Einstiegsbußgelder erhöht werden. "Es ist besser, bei 1.000 Euro anstatt bei 100 Euro anzufangen", sagte sie. In Berlin können Bußgelder bis zu 10.000 Euro für Hauseigentümer verhängt werden, wenn beispielsweise Gehwege nicht geräumt werden. Bürgermeister Band indes wusste von keinem Fall in seinem Bezirk, in dem es die Höchststrafe gab.

Laut Lompscher herrschten in diesem Winter Zustände wie seit den 1950er-Jahren nicht mehr. Wochenlang waren Geh- und Radwege sowie Nebenstraßen derart vereist, dass ältere Menschen "teils nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen konnten", sagte die Senatorin. Die privaten Räumdienste waren überfordert - sie hatten wegen des Wettbewerbsdrucks in der Branche zu knapp kalkuliert.

Auch Bezirke und BSR bekamen diese Probleme mit beauftragten Firmen zu spüren. "Insgesamt war die Reinigung unzureichend", bilanzierte Band. Sein Bezirk will als Konsequenz nicht mehr über das Landesverwaltungsamt, sondern selbst Aufträge vergeben. Ob die dann besser erfüllt werden, wird sich zeigen - im kommenden Winter.

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5 Kommentare

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  • K
    kuwer.twoday.net

    Ich sah Streufahrzeuge für Gehwege, die vor bestimmten Häusern streuten, ihr Gerät ausmachten, zum nächsten fuhren usw. Etwas absurderes hab ich selten gesehen. Aber wenigstens war für die Autos gut geräumt, da konnte man als Fußgänger zur Not die Strasse benutzen.

    Ich glaube auch, das in vielen Häusern die Bewohner bereit wären selbst vor ihrer Tür zu räumen, leider müssen sie dafür Zahlen und verlieren zurecht ihr Verantwortungsgefühl.

  • A
    Alfred

    Die BSR war nicht toll... sondern ist fast immer super!

     

    Diesen Kommunalbbetrieb sollten wir stärken mit mehr Personal und Prämien für die Mitarbeiter und nicht die Unfähigen in den privaten "Diensten" per "Ausschreibung"

    füttern..

    Aber das DE Beamtentum hat ja diesen ganzen neoliberalen Privatisierungswahnn tatkräftig unterstützt.

    Dafür sollten die Beamten auch ihre Rente ab sofort selber bezahlen müssen. Strafe muss sein !

  • T
    thinker

    warum der Hauseigentümer dafür haften sollte? Weil er dafür verantwortlich ist. Das war ja einfach. Ob er dafür selbst Schnee schippt, die Arbeit seinem Enkel überhilft oder Geld für eine Firma abdrückt ist dabei doch völlig unerheblich. Es bleibt sein Haus und seine Verantwortung. Sonst greift man sich eben eine Randexstenz, schenkt ihm nen Fuffi und ne Flasch Korn und der unterschreibt, er macht das - zu pfänden ist eh nix und der Hausbestitzer wäscht seine Hände in Unschuld und zeogt den unterschriebenen Zettel "aber ich habe doch jemanden beauftragt..."

    Quatsch mit Soße.

    Wenn der Besitzer eben den billigsten Anbieter nimmt und der ihn im Stich läßt, muß er eben selber streuen oder die Konsequenzen (Strafe) ertragen.

  • S
    Sebastian

    Wieso sollen die Hauseigentümer dafür haften? Wenn die beauftragten Unternehmen das nicht schaffen sollen sie nicht soviel Aufträge vergeben, und wenn sie das dann nicht schaffen müssen die natürlich auch dafür haften, so einfach ist das.

     

    Aber Hetze gegen Hauseigentümer kommt natürlich besser an...

  • KH
    Karin Haertel

    Diese Ankuendigung bedarf einer Korrektur. Der Winter ist vorbei und es wird Zeit fuer die Zeugnisse. Ein "sehr gut" , also die Note 1, verdient diesen Winter unsere BSR fuer ihren unermuedlchen Rauem- ud Streueinsatz zu allen Tags- und Nachtzeiten auf unseren Strassen. Ein "gut", also die Note 2, koennen wir den Grundstuecksbesitzern bescheinigen, die zwar nicht immer um 7 Uhr schon den Schnee beeseitigt hatten, es aber wenigstens taten. Ein "mangelhaft" , also Note 5, gebuehrt unserer BVG. Die geraeumten und gestreuten Bushaltestellen konnten wir an den Fingern einer Hand abzaehlen. Ein "ungenuegend" , also die Note 6, bekommt der Berliner Senat dafuer, das oeffentliches Strassenland wie z.B.der Touristenpunkt Wittenbergplatz nur unter Gefahr fuer Leib und Leben zu begehen war. Und dem Ordnungamt gebuehrt die gleiche Note, denn sie wimmelten die Buergereschwerden mit der Begruendung ab, man kenne den Grunsstuecksbesitzer nicht genau. In einem Land, in dem jeder Quadratzentimeter Land aus Steuergruenden per Grundbuch einem Besitzer zugeordnet ist, ist das voellig unglaubwuerdig. Bevor eine Frau Lomscher also mit ihrem erhobenen Zeigefinger besserwisserisch vor den Nasen fremder Leute herumfuchtelt, sollte sie zuerst vor der eigenen Tuere kehren.