Eintracht Frankfurt: Identifikationsfigur auf Zeit
Sebastian Rode spielt zu gut für Eintracht Frankfurt. Spätestens nächstes Jahr werden sich die Hessen von dem 22-Jährigen verabschieden müssen.
So schnell verblassen die Erinnerungen nicht. Sebastian Rode kann auf Knopfdruck rekonstruieren, was damals am 23. April 2011 in der Frankfurter Arena geschah. „Es gab Freistoß, der Ball kam zurück, ich habe ihn direkt genommen.“ Ein Volltreffer, ein Volleyschuss mit Glück. Die 1:0-Führung für Eintracht Frankfurt im ewigen Klassiker gegen den FC Bayern.
Und doch war das erste Bundesligator des Eigengewächses nicht ausreichend, um die übermächtigen Bajuwaren wie einst zu Zeiten eines Bernd Hölzenbein oder Jürgen Grabowski zu bezwingen. „Leider hat Gekas nicht das 2:0 geschossen“, erzählt Rode auch noch den eher unerfreulichen Teil der Geschichte. Letztlich ging die Partie 1:1 aus, und Eintracht Frankfurt fehlten am Saisonende genau diese Punkte, um unter Christoph Daum den Abstieg zu vermeiden.
Wenn der aus Seeheim-Jugenheim an der Bergstraße stammende Rode auf das heutige Aufeinandertreffen mit den Bayern blickt, dann spricht aus ihm viel Selbstvertrauen. „Alle sagen, dass wir verlieren – ich sehe das nicht so!“ Auch wenn ihm mit Kapitän Pirmin Schwegler (Schambeinentzündung) und Alexander Meier (Oberschenkelzerrung) wichtige Mitstreiter im Mittelfeld fehlen, gebe es keinen Grund, vor der B-Besetzung des FC Bayern in Ehrfurcht zu erstarren.
Der 22-Jährige verkörpert so etwas wie das Herz dieser Mannschaft; lauf- und zweikampfstark, beinahe besessen eroberte der eher schmächtig wirkende Blondschopf – 67 Kilo bei 1,79 Meter Körpergröße – zumeist die Hoheit im zentralen Bereich. Die meisten Zweikämpfe bestreitet er so leidenschaftlich, als seien es die letzten in seinem Leben.
„Jedes Tor entsteht doch irgendwie über ihn“
„Rode hat einen großen Wert für uns. Jedes Tor entsteht doch irgendwie über ihn“, lobte Heribert Bruchhagen einmal. Der Vorstandsboss gehörte einst zu den Skeptikern, als Weltmeister und Eintracht-Scout Hölzenbein in sein Büro kam und vorschlug, 300.000 Euro für ein Talent vom Rivalen Kickers Offenbach auf den Tisch zu legen. „War zu erwarten, dass ein 19-Jähriger solch eine Entwicklung nimmt?“, fragt Bruchhagen.
Mittlerweile ist Rode nicht nur bei der Eintracht, sondern auch in der U21-Nationalmannschaft der zentrale Antreiber im Mittelfeld. Er steht im Notizblock von Joachim Löw und ist eines der begehrtesten Spekulationsobjekte der Liga. Seitdem sich Spieler und Berater hartnäckig weigerten, den 2014 auslaufenden Vertrag zu verlängern, kann Bruchhagen den Lauf der Dinge vorhersagen. „Wir haben keine Chance, einen Spieler wie Sebastian Rode zu halten“, rief Bruchhagen verärgert im Februar auf einem Kongress ins Plenum.
Auch der heutige Gegner FC Bayern soll zu den betuchten Interessenten gehören – das Faible von Sportchef Matthias Sammer für deutsche Juniorennationalspieler ist verbürgt. In diesem Sommer kommt bereits der Mainzer Defensivallrounder Jan Kirchhoff. Für den nächsten Sommer mutmaßen Branchenkenner, dass die Münchner Macher eine Vereinbarung mit Rode für einen (offiziell) ablösefreien Transfer getroffen haben. „Davon weiß ich nichts. Aber ich höre mir alles an“, sagt Rode.
Woanders lockt das große Geld
Eigentlich soll um ihn und Sebastian Jung, der auch seine Zukunft noch nicht geklärt hat, die Eintracht der Zukunft gruppiert werden. „Seppl“ Rode und „Sebi“ Jung gelten als Identifikationsfiguren. Doch woanders lockt das große Geld. Rodes Statement in dieser Causa klingt wie auswendig gelernt: „Ich habe noch bis 2014 einen Vertrag, das ist eine lange Zeit. Der nächste Schritt will wohlüberlegt sein.“ Er hat längst registriert, dass Bruchhagen seinen Verkauf in diesem Sommer ausschließt.
Damit hat sich der junge Mann mit der Trikotnummer 20 scheinbar abgefunden. „Wir wollen einen internationalen Platz erreichen. Es wäre ein richtig geiles Erlebnis, mit der Eintracht durch Europa zu reisen“, sagte Rode Anfang der Woche. Dafür sind aber wieder mehr Klasseleistungen von ihm nötig: In der Rückrunde lief der bereits von einem Kreuzbandriss im linken und einen Knorpelschaden im rechten Knie geplagte Antreiber teils merkwürdig unrund; viele Fehlpässe prägten seine Auftritte. Und noch ein Manko gibt es für einen Spieler seiner Qualität: Er schießt zu wenig Tore. Dem Husarenstreich gegen die Bayern ist nur ein einziger Treffer gefolgt – und diese Saison noch gar keiner.
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