Einkommensunterschiede in Berlin: Frauen haben das Nachsehen
Berliner Männer erhalten im Durchschnitt 44.000 Euro Lohn pro Jahr, Frauen 8.000 Euro weniger. Dieser große Unterschied ist nicht allein mit Diskriminierung zu erklären.
Das meiste Geld in Berlin verdienen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Wasser- und Energiebetrieben: Bei 57.019 Euro liegt laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg deren Bruttojahreseinkommen. Immerhin noch 55.792 Euro gibt es für Versicherungs- und Bankangestellte. Fast ganz unten auf der Lohnskala stehen die Bauarbeiter mit 32.487 Euro. Schlusslicht sind mit 23.228 Euro die Angestellten in Restaurants und Gaststätten. Insgesamt erhalten die Vollzeitbeschäftigten in Berlin sogar etwas mehr Geld als im Bundesdurchschnitt. Gleichzeitig arbeiten aber in Berlin auch besonders viele Menschen nur Teilzeit.
Weitere Infos finden sich auf den Seiten des Statistischen Landesamtes.
Männer in Berlin verdienen im Schnitt 22,6 Prozent mehr Geld als Frauen. Das ergibt sich aus Zahlen, die das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg am Montag veröffentlicht hat. Der durchschnittliche Bruttojahreslohn von Männern liegt in Berlin bei 44.142 Euro, der von Frauen nur bei 36.001 Euro. Der Bruttojahreslohn besteht aus den Monatsgehältern, dem Weihnachts- und Urlaubsgeld, Sonderzahlungen, der Einkommensteuer, dem Solidaritätszuschlag sowie aus den Beiträgen, die Arbeitnehmer für die Sozialversicherungen bezahlen wie etwa Arbeitslosen- und Krankenversicherung .
Beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung untersucht Elke Holst, die Expertin für "Gender Economics", wie es zu diesem Unterschied kommt. Erst in der vergangenen Woche hat sie die Ergebnisse einer Untersuchung vorgelegt. Holst kommt dabei zu der folgenden Schlussfolgerung: Der Einkommensunterschied hat nur zu einem geringen Anteil damit zu tun, dass Arbeitgeber eine Frau bei gleicher Qualifikation und gleicher Tätigkeit diskriminierten. "Gut 80 Prozent des Einkommensunterschieds basiert auf erklärbaren Faktoren."
Diese Faktoren sind laut Holst zum Beispiel, dass Frauen häufiger in Berufen arbeiten, in denen die Beschäftigten schlechter bezahlt werden. Dass sie sich auf wenige Berufe konzentrieren und dort stark miteinander um Arbeitsplätze konkurrieren. Dass sie durch Elternzeiten häufiger eine Auszeit nehmen und dann den Anschluss an die Entwicklung in der Firma verlieren. Auch dies ist natürlich das Ergebnis von gesellschaftlicher Diskriminierung. Aber es würden eben auch Männer unter diesen Bedingungen weniger Geld verdienen, so Holst. Allerdings nicht ganz so viel weniger als Frauen: Knapp 20 Prozent des Lohnunterschieds zwischen Männern und Frauen sei nicht objektiv erklärbar. "Darin spiegeln sich diskriminierende Strukturen."
Um den größeren Teil des Lohnunterschieds zu beseitigen, müssten typische "Frauenberufe" aufgewertet werden, erklärt Holst. Frauen müssten gefördert werden, "Männerberufe" zu ergreifen. Zudem sollte die Kinderbetreuung gleich zwischen Männern und Frauen aufgeteilt und die Aufstiegschancen in Unternehmen verbessert werden. Wenn dann auch noch Frauen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn bekommen, so Holst, seien auch die restlichen 18 Prozent des Lohnunterschieds beseitigt.
Berlins DGB-Sprecher Dieter Pienkny weiß, wie das funktionieren könnte: "Dazu muss es Betriebsräte geben, und die müssen genau aufpassen, dass alle Beschäftigten in die richtigen Lohngruppen eingestuft werden." Wenn das nicht passiert, bleibe nur eine Klage vor dem Arbeitsgericht - doch diesen Schritt trauten sich viele nicht. Pienkny: "Wir fordern, dass nicht nur die Betroffenen selbst klagen können, sondern auch Betriebsräte und Gewerkschaften dieses Recht bekommen."
Frauen- und Wirtschaftssenator Harald Wolf war am Montag ebenso wenig für eine Stellungnahme zu erreichen wie Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner (beide Linke).
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