: Einigung in Grosny
■ Nach Moskauer Ultimatum stimmen die Tschetschenen ihrer Entwaffnung zu
Moskau (taz) – Die Kriegsparteien in Tschetschenien haben sich gestern nun doch darauf geeinigt, das vor zwei Wochen unterzeichnete Militärabkommen umzusetzen. Bislang hatten sich die tschetschenischen Freischärler geweigert, ihre Waffen abzugeben. Die Russen zogen sich ihrerseits nicht auf die vereinbarten Linien zurück. Nach Angaben des russischen Oberbefehlshabers Romanow soll heute in vier Bezirken mit der Entwaffnung begonnen werden. Der tschetschenische Kommandeur Machmadow will die Waffenabgabe selbst überwachen.
Der Einigung vorausgegangen waren zwei Ultimaten Moskaus. Dabei ließen Präsident Jelzin und Premier Tschernomyrdin keine Zweifel daran aufkommen, daß sie gewillt sind, härteste Maßnahmen zu ergreifen, um die Tschetschenen zu entwaffnen. Dennoch scheint die gestrige Verständigung letztlich den beiden Kommandeuren zu verdanken zu sein, die ein fast freundschaftliches Verhältnis verbindet. Sie gehören nicht zu den Falken, die eine russisch-tschetschenische Einigung verhindern wollen. Am Montag hatte Machmadow sich aber noch geweigert, dem Ultimatum Folge zu leisten: „Wie können wir das Abkommen erfüllen, wenn die Russen uns ein Ultimatum nach dem anderen stellen?“ Die Tschetschenen hegten vermutlich Zweifel, die Russen würden ihren Rückzug nicht zeitgleich mit der Entwaffnung der Freischärler beginnen.
Ein Hindernis stellt auch der vereinbarte Gefangenenaustausch dar. Die reguläre tschetschenische Armee hat keine Kenntnis davon, welche russischen Soldaten von unabhängig kämpfenden Freischärlern noch festgehalten werden. Die Russen behaupten dagegen, die Listen seien bewußt unvollständig. Nach wie vor ungeklärt ist, wie man mit den verschiedenen Freischärlergruppen verfahren will, die sich nicht dem Oberbefehl Machmadows unterordnen. Moskau kann somit genug Gründe finden, um erneut gewaltsam vorzugehen. khd
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen