Einigung im Tarifstreik: Streiks bei der Bahn abgewendet
Gewerkschaften und Arbeitgeber haben sich nach fast 40 Stunden Verhandlungsmarathon geeinigt: Die Bahnbeschäftigten bekommen 4,5 Prozent mehr Lohn in zwei Stufen.
FRANKFURT dpa Mit einer Einigung im Tarifstreit haben Gewerkschaften und Arbeitgeber weitere Warnstreiks bei der Bahn abgewendet. Die 142 000 Tarifbeschäftigten der Deutschen Bahn AG erhalten in zwei Stufen 4,5 Prozent mehr Geld, wie die Tarifpartner nach einem fast 40-stündigen Verhandlungsmarathon am späten Samstagabend in Frankfurt mitteilten. Bei einer Laufzeit von 18 Monaten wurden außerdem eine Einmalzahlung von 500 Euro zu Weihnachten 2009 und Verbesserungen bei der Arbeitszeitplanung verabredet.
Die Bahn-Mitarbeiter im Schichtdienst bekommen zwölf komplett freie Wochenenden im Jahr, von denen acht vorab in einem neuen Jahresruhezeitplan festgeschrieben werden, berichtete der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky. Die erste Gehaltsstufe von 2,5 Prozent greift sofort, die zweite mit weiteren 2,0 Prozent zu Beginn des kommenden Jahres. Gremien beider Seiten müssen der Einigung noch zustimmen. Dies gilt allerdings nur als formaler Schritt bis zum Abschluss der Verhandlungen. Die Sitzungen sind für Mittwoch und Donnerstag geplant.
"Die Beharrlichkeit hat sich gelohnt", sagte der Chef der Gewerkschaft GDBA, Klaus-Dieter Hommel. Die Bahn habe zunächst die Wichtigkeit der sozialen Fragen unterschätzt. Hansen meinte, die schnelle Einigung sei wichtig für die künftige Verhandlungskultur im Unternehmen Bahn. Diese sei in der wirtschaftlichen Krise entscheidend. "Wir möchten alle Mitarbeiter an Bord halten", versprach der frühere Transnet-Chef. "Wir haben eine gemeinsame Lösung gefunden, mit der alle Seiten zufrieden sein können." Das Ergebnis gehe deutlich über die zu erwartende Inflation hinaus und sichere die Kaufkraft der Beschäftigten.
Der Chef der größten Bahngewerkschaft Transnet, Alexander Kirchner, sagte, der Abschluss sei auch ein gutes Zeichen für die Konjunktur, wenn die Arbeitnehmer mehr Geld für den Konsum hätten. Die DGB-Gewerkschaft Transnet und ihr Partner GDBA waren mit einer Forderung nach 10 Prozent mehr Geld in die Auseinandersetzung gezogen, während die Konkurrenz von der GDL bei 6,5 Prozent geblieben war. Die kleinste, von den anderen getrennt verhandelnde Gewerkschaft erreichte eigenen Angaben zufolge zusätzlich die tarifliche Regelung der zukünftigen Aus- und Fortbildungsstandards für Lokführer.
Rund 80 Prozent der Mitarbeiter sind nach Angaben der Bahn im Schichtdienst tätig. Sie müssen an sieben Tagen in der Woche zu verschiedenen Zeiten Dienst tun. Die Planung der Einsätze richtet sich nur zum Teil nach den vorher festgeschriebenen und längst nicht immer erfüllten Fahrplänen. Rund die Hälfte des Güterverkehrs wird adhoc geplant, weitere Störfaktoren bei der Planung des Personaleinsatzes sind unter anderem Krankheitsfälle und verpasste Anschlüsse.
Transnet und GDBA hatten vergangenen Donnerstag einen Warnstreik organisiert und damit den Druck auf den Arbeitgeber erhöhen wollen. Die GDL hatte sich nicht daran beteiligt. Die am 14. Januar begonnene Tarifrunde ist nach Hansens Darstellung wie geplant nach vier Runden noch in der Friedenspflicht vollendet worden. Sie steht damit im deutlichen Kontrast zur Verhandlungsrunde 2007/2008, als die GDL mit mehreren Streikwellen einen eigenständigen Tarifvertrag für die 12 000 tarifgebundenen Lokführer durchsetzte.
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