Einfuhrstopp beschlossen: Robbenfelle werden verboten
Deutschlands Regierung einigt sich auf einen Import- und Handelsstopp für Robbenprodukte. So soll die tierquälerische Jagd für die Exporteurstaaten uninteressant werden.
BERLIN taz Robbenprodukte wie Felle und Öle dürfen künftig nicht mehr nach Deutschland importiert oder hier gehandelt werden. Darauf hat sich das Kabinett am Mittwoch geeinigt. Bevor das Verbot in Kraft treten kann, muss der Gesetzentwurf, bei dem das Bundesagrarministerium federführend war, noch von der EU notifiziert werden.
Begründet wird das Vorhaben damit, dass Robbenjäger gegen Tierschutzstandards verstoßen, oft werden die Tiere bei lebendigem Leib gehäutet. Die größten Exporteure von Robbenprodukten sind Kanada, wo jährlich etwa 300.000 Robben erlegt werden, und Russland. Zu den wichtigsten Zwischenhändlern gehört Dänemark.
In Deutschland gibt es vor allem einen Markt für Robbenpelze. "Sie können in jedes Pelzgeschäft gehen und gezielt nach Robbenfellen fragen. Entweder haben die Händler Pelze auf der Stange, oder sie bestellen welche", sagt Ralf Sonntag, Deutschlandvorsitzender des Internationalen Tierschutzfonds (IFAW) der taz.
Neben den Fellen sind vor allem die Öle interessant, die aus dem Fett der Tiere gewonnen werden und Omega3-Fettsäuren enthalten. Auch sie werden vor allem in Kanada hergestellt. Bislang sind sie in Deutschland nur übers Internet zu beziehen, einige Hersteller wollten ihre Marketingaktivitäten in Europa aber verstärken. Sie bewerben diese Öle als Antifaltenmittel und für den Wellnessbereich. Tierschützer bezeichnen es als überflüssig, dafür Robben zu töten. Denn diese Fettsäuren könne man auch aus Pflanzen gewinnen.
Das Handelsvolumen der Pelze in Deutschland beträgt derzeit etwa 1 Million Euro. "Was in den Statistiken allerdings gar nicht auftaucht, ist der Umschlag", erklärt Sonntag. Dieser sei um ein Vielfaches größer. Ein wichtiges Drehkreuz sei der Hamburger Hafen. Wenn dieser Umschlagplatz für den Welthandel wegfällt, müssen die Exporteure ihre Logistik umstellen, was sie viel Geld kosten wird.
"Außerdem haben die Kanadier Angst vor einem Dominoeffekt", sagt Sonntag. "Wenn Deutschland das Verbot bringt, werden die anderen Länder folgen." Österreich, Frankreich, Italien und England bereiten bereits ähnliche Gesetze vor.
In Deutschland war der Gesetzentwurf im Oktober 2006 vom Bundestag fraktionsübergreifend beschlossen worden. Dass sich das Kabinett erst jetzt damit befasst, lag vor allem an dem Widerstand einzelner Ministerien. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuletzt noch versucht, den zuständigen Minister Horst Seehofer (CSU) zurückzupfeifen, nachdem der dänische Ministerpräsident bei ihr vorgesprochen hatte.
"Es wird höchste Zeit, dass sich das Kabinett mit dem Thema befasst", sagte die Grüne Cornelia Behm der taz. Das sei ein starkes Signal Richtung Kanada und Russland, endlich mit dem sinnlosen Abschlachten von Robben aufzuhören.
Bis zum Inkrafttreten können nun allerdings noch einige Monate vergehen. Zum Beginn der Robbenjagdsaison im März kann in Deutschland noch legal mit Robbenprodukten gehandelt werden.
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