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Archiv-Artikel

Eine traurige Rhetorik

betr.: „Große Koalition wäre absolut schlecht“, Interview mit CSU-Generalsekretär Markus Söder, taz vom 20. 7. 05

Tja nun, besonders „leise Töne“ vermag ich bei Herrn Söder eigentlich nicht herauszuhören – eher eine ziemlich traurige Rhetorik: Da „beginnt der Kampf“, denn „jeder kämpft für sich“. Eine „härtere Gangart“ ist gefragt, „kontern“ muss man gegen eine „Volksfront“ von „Ultralinken“ und deren „Standortschädigungsprogramm“ … Wovon und von wem oder was fühlt sich da eigentlich jemand so schrecklich bedroht?

Kritische Einwände, und seien sie vom eigenen Koalitionspartner, sind in dieser feindseligen Weltsicht zum Glück nichts als „Störfeuer“. Noch besser: Sie sind nicht mehr als ein herbeigeschriebener „medialer Hype“ und insofern nicht weiter bedenkenswert. Dafür bliebe auch gar keine Zeit. Immerhin geht es um „Siegerformationen“, es geht darum, „Nummer eins (zu) werden“, die „Nachbarn (zu) überholen“. Ja, „wir müssen erfolgreich sein“, damit wir nicht früher oder später genauso „fertig“ dastehen wie Schröder … Das Tragische daran: Von diesem Standpunkt aus gesehen gibt es tatsächlich „keine Alternative“.

Doch ist es beruhigend zu wissen, dass Herr Söder wenigstens genau weiß, wovor „die Leute“ – damit bin wohl auch ich gemeint – Angst haben. Und warum „sie“ nicht „kaufen“. Vielleicht „kaufen“ sie nicht, weil sie schon alles haben? Oder weil immer mehr von ihnen aufhören, an das Märchen vom unbegrenzten Wachstum in einer begrenzten Welt zu glauben, wie Kinder an den Weihnachtsmann? Armer Herr Söder! Meint es doch nur gut mit uns: „Wo die Union regiert, da geht es den Menschen besser.“ Wenn er uns das geduldig genug „erklärt“ hat, glauben wir es ihm bestimmt irgendwann. Vor allem, wenn er noch dazu sagt, welchen Menschen und welchen nicht. Denn gewiss wollte er damit nicht gesagt haben, dass all diejenigen, denen es unter der Union nicht besser geht, eigentlich keine Menschen im engeren Sinne sind?

E. D., Oldenburg

Wie kann man ein Interview als „statt Polemik leise Töne“ ankündigen, in dessen erster Antwort die Linkspartei als die „Ultralinken“ bezeichnet werden, weiter von Volksfront die Rede ist und von Nachdenklichkeit oder gar Selbstreflexion vor lauter Eigenwerbung nun wirklich nichts mehr zu bemerken ist. Ist das der Interviewstil einer täglichen radikalen Zeitung gegenüber einem „Ultrarechten?

RALF GREHL, Landau