: Eine letzte Fahrt auf der A9
Münchberg Ein „eher leichter Auffahrunfall“ mit großen und tödlichen Folgen: Ein Reisebus aus Dresden auf dem Weg zum Gardasee fährt auf einen Sattelschlepper auf. 18 von 48 Businsassen sterben, 30 sind verletzt
Aus München Dominik Baur
Anfangs sprach die Polizei noch von einem „Fünkchen Hoffnung“, vielleicht seien die Vermissten ja in Panik davongelaufen, doch schon im Laufe des Vormittags wurde es Gewissheit: Der Busunfall auf der A9 in Oberfranken kostete 18 Menschen das Leben. Mindestens 30 Menschen wurden verletzt, zum Teil schwer.
Als die Feuerwehr zehn Minuten nach dem ersten Notruf an der Unfallstelle eintraf, stand der Bus bereits in Flammen. Die Hitzeentwicklung war derart stark, dass die Feuerwehrleute nicht näher an den Bus herantreten konnten. Somit war es nicht mehr möglich, Insassen zu retten, die sich nicht selbst schon in Sicherheit hatten bringen können. Selbst der anliegende Wald stand zum Teil in Flammen. Als das Feuer nach etwa einer halben Stunde gelöscht war, war von dem Bus nur noch ein komplett ausgebranntes Metallgerippe übrig.
Zu dem Unfall kam es am Montagmorgen kurz nach 7 Uhr. Der Bus aus Sachsen fuhr offenbar im Landkreis Hof in der Nähe von Stammbach in einen Sattelzug, der am Ende eines Staus zum Halten gekommen war. Der Stau hatte sich in Richtung Süden zwischen den Anschlussstellen Gefrees und Münchberg-Süd gebildet.
Über die Unfallursache war bis Redaktionsschluss noch nichts bekannt. Der Busfahrer, der zum Zeitpunkt des Aufpralls am Steuer saß, kam ums Leben. Ob er eventuell übermüdet oder abgelenkt war, darüber gab es keine Informationen. Unerklärlich war den Ermittlern zunächst auch, was zu der extremen Brandentwicklung führte. Der Lastwagen soll keine leicht entzündlichen Güter geladen haben; laut Experten ist es ungewöhnlich, dass bei einem Auffahrunfall ein derart starker Brand entsteht. Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann, der am frühen Nachmittag gemeinsam mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt an der Unfallstelle eintraf, sprach von einem „eher leichten Auffahrunfall“. So blieb auch der Fahrer des Lastzugs unverletzt.
Sowohl Dobrindt wie auch Herrmann kritisierten das „vollkommen unverantwortliche Verhalten von Autofahrern“ nach dem Unfall. Diese hätten zunächst keine ausreichende Rettungsgasse gebildet und so das Eintreffen des ersten Feuerwehrfahrzeugs verzögert. Da der Bus unmittelbar in Flammen aufgegangen war, sei allerdings nicht davon auszugehen, dass eine mögliche Rettung von Menschenleben verhindert worden sei. Auf der Gegenfahrbahn hätten Gaffer zudem Gefahrensituationen herbeigeführt.
Im Bus saßen offenbar eine 46-köpfige Seniorengruppe aus der Oberlausitz und dem Großraum Dresden sowie die beiden Fahrer. Der Bus hatte die Fahrt in der Oberlausitz begonnen, frühmorgens waren am Dresdner Hauptbahnhof weitere Reisende zugestiegen. Die Fahrgäste sollen zwischen 41 und 81 Jahre alt gewesen sein.
Spezialisten der Rechtsmedizin und des Bundeskriminalamts sollen nun die Leichen bergen und identifizieren. Rund 200 Rettungskräfte waren am Montag am Unfallort im Einsatz. Acht Notärzte waren vor Ort, fünf Rettungshubschrauber brachten die Verletzten in Krankenhäuser. Zwei von ihnen sollen am Montagnachmittag noch in Lebensgefahr geschwebt haben. Notfallseelsorger und Kriseninterventionsteams kümmerten sich um die Überlebenden wie auch die Einsatzkräfte. Die Feuerwehrleute seien ausschließlich Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr gewesen.
Die Autobahn wurde in beide Fahrtrichtungen gesperrt, es entstanden lange Staus. Richtung Norden wurde der Verkehr nach ein paar Stunden wieder freigegeben.
Münchberg-Süd und Gefrees sind im Verkehrsfunk häufig genannte Autobahnausfahrten. Seit Längerem befindet sich hier bereits eine Baustelle, aufgrund derer es hier regelmäßig zu Staus kommt. Allerdings gilt der Autobahnabschnitt nicht mehr als besonders unfallgefährdet. Früher hatte es mehrfach schwere Unfälle an der Münchberger Senke gegeben. 1990 starben hier zehn Menschen, als ein 40 Tonnen schwerer Milchlaster im Nebel in eine Unfallstelle krachte. Anfang der 2000er wurde die Autobahn ausgebaut und über eine Brücke geführt, sodass sich die Gefahr durch den Talnebel stark reduzierte. Außerdem wurden automatische Warnschilder installiert.
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