: Eine Verfassung für Nachkriegs-Bosnien
■ Erfolg der Wiener Gespräche / Nato-Flieger über Kroatien beschossen
Wien (AFP) – Die bosnische Regierung und Vertreter der bosnischen Kroaten haben sich in der Wiener US-Botschaft unerwartet schnell auf eine Verfassung für die zukünftige muslimisch-kroatische Föderation in Bosnien geeinigt. Sie sieht eine zwischen beiden Volksgruppen wechselnde Präsidentschaft und die Besetzung der Ministerposten entsprechend der Bevölkerungsverhältnisse vor. Offen bleiben dagegen vorerst die Fragen des zukünftigen Staatsgebiets sowie seine Einteilung in kroatisch bzw. muslimisch dominierte Kantone. Aus den Verhandlungen ausgeklammert wurden auch die militärischen Probleme, sie sollen parallel zu den Wiener Gesprächen in der kroatischen Hafenstadt Split geklärt werden.
Muslime und Kroaten hatten sich in der vergangenen Woche grundsätzlich auf eine Föderation geeinigt, die nach dem Schweizer Kantonsprinzip aufgebaut sein soll. Sie gilt für die vor dem Krieg mehrheitlich von den beiden Volksgruppen bewohnten Gebiete, etwa 54 Prozent des Territoriums. Derzeit werden aber 70 Prozent Bosniens von Serben kontrolliert. Die endgültige Verabschiedung des kroatisch-bosnischen Abkommens ist für den 17.März vorgesehen.
Keine Fortschritte gab es dagegen bei den Bemühungen der USA, die bosnischen Serben in den Wiener Friedensprozeß mit einzubeziehen. Serbiens Präsident Slobodan Milošević erklärte nach Gesprächen mit dem US-Sondergesandten Charles Redman, das Abkommen zwischen Muslimen und Kroaten sei „deren Sache“. Falls dieses zum Frieden führen könne und die Serben nicht berühre, gebe es keinen Grund zur Ablehnung. Bei einem Besuch in Moskau wollten Bosniens Ministerpräsident Haris Silajdžić und der kroatische Außenminister Mate Granić die Möglichkeit einer Teilnahme der Serben an der Föderation zur Sprache bringen.
In der zwischen Kroaten und Muslimen umkäpften Stadt Mostar wurde in der Nacht zum Mittwoch der bereits am 25. Februar vereinbarte Waffenstillstand vollständig eingehalten. Keine Entspannung gab es dagegen an den anderen Fronten Bosniens. Die gut sechzig Kilometer nördlich von Sarajevo liegende Stadt Maglaj wurde von Einheiten der bosnischen Serben beschossen, dabei starben mindestens 33 Menschen. Ein Hilfskonvoi für die 19.000 eingeschlossenen Bewohner wurde von den Soldaten an der Weiterfahrt gehindert. Auf dem Flug von Zagreb nach Split wurde am Dienstag ein spanisches Miltärflugzeug über der serbisch kontrollierten Krajina von mehreren Flugabwehrgeschossen getroffen. Vier Nato-Beamte wurden verletzt, das Flugzeug mußte auf der Adriainsel Krk landen.
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