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Eine Software für alle FormateVom Handy auf den iPod kopieren

DVD-Jon hat wieder zugeschlagen: Mit einer Software namens "Doubletwist". Sie verbindet zahlreiche Geräte miteinander, um einfach Musik, Filme und Fotos auszutauschen. Endlich.

Free your data: Die Verheißung von Doubletwist. Bild: Screenshot: doubletwist.com

BERLIN taz Wer mit Handy, Videokamera, digitalem Fotoapparat oder iPod unterwegs ist, kennt das Problem: Es gibt zahllose Formate für Töne, Bilder und Filme - und das Gerät, auf das man einen interessanten Inhalt als nächstes hochladen wollte, unterstützt diesen plötzlich nicht.

"Doubletwist", eine neue Software, will das Problem jetzt lösen. Urheber ist keine Firma, die selbst mit bestimmten Geräteherstellern verbandelt ist. Und deshalb haben die Programmierer einfach an die User gedacht - eben unabhängig von der jeweiligen Plattform. Die Software kann daher mit zahlreichen Geräten umgehen, und konvertiert Musik-, Video- und Bilddateien automatisch in das richtige Format, wenn man ein Gadget an den Rechner anschließt.

Derzeit für Mac-Rechner und in Form eines Facebook-Miniprogramms erhältlich, soll Doubletwist auch bald in einer kostenlosen Vollversion für Windows verfügbar sein. Unterstützt werden diverse Blackberry-Modelle, Sonys tragbare Spielekonsole PSP, Handys mit dem Google-Betriebssystem Android, Smartphones von Nokia (N- und E-Serie) und Sony Ericsson, Windows Mobile, sowie diverse weitere Telefone von LG und Motorola. Außerdem lassen sich die meisten digitalen Foto- und Videokameras mit Speichermodul anschließen.

Geräte und Daten erscheinen bei Doubletwist in einer gemeinsamen Oberfläche, will man etwa einen Song vom Handy auf einen MP3-Spieler kopieren, reichen Ziehen und Fallenlassen ("Drag and drop") der entsprechenden Datei. Daneben bietet das Programm die Möglichkeit, Videos und andere Medien mit einem Freundeskreis per Internet zu teilen; eine entsprechende Funktion ist eingebaut und läuft, wie es aussieht, über einen Server von Doubletwist.

Zu den Gründern von Doubletwist gehört Jon Lech Johansen, der als jugendlicher Hacker in Norwegen unter dem Namen "DVD Jon" bekannt und berüchtigt war. Er knackte 1999 zusammen mit zwei anderen Programmierern den Verschlüsselungsalgorithmus der Videoscheibe und zog damit den Zorn der Filmindustrie auf sich.

2002 stand Johansen als Programmierer der so genannten DeCSS-Software in Oslo vor Gericht, wurde aber im Januar 2003 freigesprochen. Seine Anwälte argumentierten, er habe stets seine selbst gekauften DVDs entschlüsselt. Außerdem sei es in Norwegen nicht verboten, Privatkopien anzulegen. Das Urteil machte "DVD Jon" weltweit berühmt.

Nach DeCSS setzte sich der Hacker weiter für Nutzerfreiheiten und gegen zu enge Kopierschutzmaßnahmen ein. So knackte er gleich mehrfach Apples iTunes-Rechtemanagement "Fairplay" und hackte kurz nach Markteinführung ein amerikanisches iPhone, um es ohne Registrierung in Europa in WLAN-Netzen verwenden zu können.

2006 entschloss sich Johansen, ins IT-Mekka nach San Francisco zu ziehen, wo er 2008 Doubletwist aus der Taufe hob. Das Unternehmen sammelte Risikokapital unter anderem vom bekannten Finanzier Index Ventures ein, der zu den ersten Geldgebern von heutigen Internet-Größen wie Skype und Last.fm gehört.

Wie viel Kapital genau in Doubletwist floss, ist bislang unbekannt. Unklar ist auch, wie sich das Projekt refinanzieren will. Möglich, dass die Software irgendwann kostenpflichtig wird.

Ziel der Firma war von Anfang an, den Kunden zu helfen "ihre digitalen Medien zu befreien", wie es zur Gründung hieß. "Wenn man eine E-Mail erhält, kann man die überall lesen, egal ob auf einem Blackberry, im Web oder unter Outlook." Bei einem Video vom Handy eines Freundes oder bei einer iTunes-Playlist "befindet man sich hingegen im Dschungel".

Es könne Stunden dauern, bis man die Daten in ein korrektes Format gebracht habe. Doubletwist wolle dies beenden, so Firmenchefin Monique Farantzos zum Firmenziel der Neugründung. Johansen, der als technischer Leiter dabei ist, will vor allem eine Lösung schaffen, bei denen die Kunden nichts mehr von der Komplexität der Dateiformate und Geräte miterlebten.

Noch nimmt er sich dabei allerdings zurück: Die aktuelle Version der Doubletwist-Software kann nämlich nur mit nicht kopiergeschützten Formaten umgehen. Offenbar fürchten die Geldgeber derzeit noch den Zorn von Apple, Hollywood & Co. Ursprünglich hatte die Firma angekündigt, auch geschützte Formate überspielen zu können.

Aber vielleicht kommt ihnen ja auch ein Trend entgegen: Im Musikbereich ist inzwischen eine Mehrheit der Plattenfirmen bereit, ihre Inhalte auch kopierschutzfrei statt vernagelt anzubieten. Experten erwarten, dass dies in den nächsten Jahren im Videosegment ebenso sein wird. Bislang sträubt sich die Filmindustrie allerdings.

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