: Eine Schande für Europa
betr.: „Berlusconi setzt auf Brüssel“, taz vom 30. 6. 03
Die bevorstehende Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch den italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi, der sehr viel mehr mit einem gut organisierten Mafiaboss als mit einem ehrenwerten Politiker zu tun hat und sich als chronischer Gesetzesbrecher und mehrfacher Straftäter einen zweifelhaften Ruf erworben hat, ist eine Schande für Europa und ein schlechtes Omen für die in Geburtswehen liegende Verfassung für ein bürgerfreundliches und demokratisches Europa. Berlusconi hat systematisch alle Regeln der Gewaltenteilung außer Kraft gesetzt, gemäß dem Motto „Recht ist, was mir nützt und was für jeden anderen gilt, außer für mich!“
Der Fisch beginnt vom Kopf zu stinken, und so ist dieser Mann an der Spitze Europas geeignet, die Politikverdrossenheit und das schlechte Ansehen der meisten Politiker noch weiter zu mehren. Die Vorbildfunktion gerade für junge Leute ist verheerend. Wo bleiben die tapferen deutschen und europäischen Politiker, die mit Vehemenz das verhältnismäßige Leichtgewicht Jörg Haider als Gefahr für Europas Demokratie, und zwar durchaus zu recht, kritisiert haben? Ihr Schweigen zu Berlusconis kriminellen Machenschaften könnte durchaus als Zustimmung zu seinem Tun missverstanden werden. Es darf nicht übersehen werden, dass schon einmal, 1923, eine menschenverachtende Diktatur in Italien ihren Ausgang genommen hat, die nur zehn Jahre später von Deutschland aus in voller Schandbarkeit die Welt in Brand gesetzt hat.
Deshalb dürfen wir uns niemals wieder an eine Missachtung des Rechts gewöhnen. Ich protestiere nachhaltig gegen diesen Mann an der Spitze Europas. BERNHARD FRICKE, München