piwik no script img

Archiv-Artikel

Eine Moschee der Superlative für Algerien

Präsident Bouteflika will in Algier die weltweit höchste Moschee bauen lassen – ein Monument der Unabhängigkeit

MADRID taz ■ Algeriens Präsident Abdelasis Bouteflika möchte nicht weniger sein als der 1999 verstorbene König Hassan II. des Nachbarlandes und ewigen Feindes Marokko. Wie dieser lässt Bouteflika eine Moschee errichten. Selbstverständlich wird sein Gebetshaus noch größer als die Moschee in Casablanca. Sie wird mit einem 300 Meter hohen Minarett zum höchsten muslimischen Gebetshaus weltweit. 120.000 Menschen werden in der neuen großen Moschee von Algier gleichzeitig beten können, 40.000 im Gebetsraum und 120.000 auf dem Platz davor. Mit dem Bau des Gebäude mitten in der Bucht von Algier, im Stadtteil Mohammadia, soll noch in diesem Jahr begonnen werden.

Wenn alles läuft wie geplant, wird die Moschee Ende 2009 eingeweiht. Für den Bau des Gebetshauses werden 1,7 Milliarden Euro veranschlagt. Mit An- und Abfahrtswegen sowie umliegenden Plätzen steigt die Summe auf über 6 Milliarden Euro an. Den Zuschlag bekam die kanadische Firma Dessau Soprin, die bereits an anderen Großprojekten in dem nordafrikanischen Land beteiligt ist.

Das riesige Minarett wird in zehn Stockwerke unterteilt sein. Dort werden neben dem Gebetsraum drei Bibliotheken und Mediatheken sowie ein Konferenzraum untergebracht. Sie bieten jeweils 1.500 Menschen Platz. Außerdem werden auf dem Gelände der Moschee eine Koranschule, eine religiöse Fakultät, Restaurants, Geschäfte und ein Hotel mit 300 Zimmern sowie ein Museum über die algerische Geschichte entstehen. Neben der Moschee wird ein Parkplatz für 6.000 Fahrzeuge gebaut. Die Moschee werde „das Monument des unabhängigen Algeriens“ sein, heißt es aus Regierungskreisen. Bisher stand ein Denkmal mit einem Kultur- und Einkaufszentrum sowie einem Museum über den Unabhängigkeitskrieg auf einem Hügel über der Stadt für das neue Algerien.

Mit der Moschee zieht Präsident Bouteflika endgültig einen Schlussstrich unter die Zeiten von Houari Boumedienne, dem historischen Staatschef nach der Erlangung der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1962. Dieser war von sozialistischen Ideen geprägt und versuchte Staat und Religion zu trennen. Nach seinem Tod geriet Algerien in den 80er-Jahren in eine immer tiefere Krise, die 1992 in einen Bürgerkrieg mit den radikalen Islamisten mündete.

Nach zehn Jahren blutiger Konflikte sucht Bouteflika, einstmals Außenminister unter Boumedienne, jetzt die Aussöhnung mit den Islamisten. Zwar wird ihre Teilnahme am politischen Leben nach wie vor eingeschränkt, aber die neue Moschee soll jetzt bekräftigen, dass Algerien fest zum Islam steht.

REINER WANDLER