: „Eine Frühgeburt“
Ein Jahr Eigenbetrieb Kita Bremen: Weniger Personal, weniger Kita-Plätze und zu wenig Förderung für unter Dreijährige und Migrantenkinder
Bremen taz ■ Billiger sollte es werden, und qualitativ besser dastehen – die Rede ist vom bremischen Kindergartenwesen, das seit genau einem Jahr als Eigenbetrieb der Stadtgemeinde Bremen organisiert ist. „Doch bislang sind noch keine großen Unterschiede zu verzeichnen“, urteilt die Personalrätin von Kita Bremen, Wiltrud Sossna. „Die Probleme sind unverändert.“ Ohnehin sei die frühere Fachabteilung „Städtische Kindertagesheime“ des Amtes für Soziale Dienste „eine Frühgeburt“.
Schließlich hat Kita Bremen erst seit dem 1. April eine neue Chefin, die 56-jährige Rosemarie Fein, zuletzt in ähnlicher Position in Offenbach tätig. Ihre erste Erfahrung: „Viele Kinder werden kleiner und dümmer gehalten, als sie sind.“ Fein will deshalb die Arbeit in den Kindertagesstätten verstärkt wissenschaftlich evaluieren lassen. Derzeit nimmt Kita Bremen an zwei Studien des Bremer Instituts für Präventionsforschung und Sozialmedizin teil. Daneben macht sich Fein für eine intensivere Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund stark: „Vier Stunden täglich sind zu wenig“. Dabei weiß sich die Kita-Chefin einig mit dem kinderpolitischen Sprecher der Grünen, Jens Crueger, der gestern eine Verlängerung auf sechs Stunden forderte.
Auch die zu SozialassistentInnen weiter qualifizierten Langzeitarbeitslosen stoßen bei der Kita-Chefin nicht auf Gegenliebe: „Das entspricht nicht meiner Vorstellung von Qualität.“ 62 SozialhilfeempfängerInnen sind im vergangenen Jahr ausgebildet worden, eine Chance auf Einstellung haben sie nicht. Denn im ersten Jahr hat Kita Bremen Personal abgebaut: 50 Ganztagsstellen wurden gestrichen, 18 befristet eingestellte MitarbeiterInnen entlassen.
Auch die Zahl der Kita-Plätze ist rückläufig. 152 Kindergarten- und 517 Hortplätze wurden im vergangenen Jahr gestrichen, drei Kindergärten wurden geschlossen: Neben der Kita an der Neuwieder Straße waren das auch die Kitas an der Düsseldorfer und der Kaiserslauterner Straße. Begründet wird dies mit dem demographischen Wandel: „Aufgrund der wenigen Anmeldungen sind dort keine neuen Gruppen gebildet worden“, so Fein. Zudem sei an zehn Standorten das Hortangebot in eine Ganztagsschule übernommen worden. Damit bleiben bei Kita Bremen 70 Einrichtungen mit knapp 1.400 Beschäftigten.
Gleichzeitig fehlt es sowohl an Ganztagsplätzen für Kinder mit nicht berufstätigen Eltern als auch an Angeboten für unter Dreijährige, wie Crueger und Sossna überstimmend monieren. Bis 2010 soll jedes fünfte Kleinkind unter Drei einen Krippenplatz erhalten, heute sind es in Bremen sieben Prozent. Gerade einmal 30 solcher Plätze verzeichnet Kita Bremen heute – über Ausbaupläne äußert sich Fein nur vage: „Ich gehe davon aus, dass das umgesetzt wird.“
mnz