: Einblick (489)
Stephanie Hanna, Bildende Künstlerin
■ Stephanie Hanna (geb. 1972, Berlin), arbeitet prozessorientiert, orts- und situationsspezifisch mit partizipativen Kunstprojekten und -objekten. Seit 2004 entwickelt sie das partizipative Kunstprojekt „senior street art“ mit öffentlichen Aktionen und Workshops zu Graffiti, Street Art und verwandten Themen, das sich insbesondere an Menschen zwischen 50 und 80+ Jahren richtet. Ihre aktuellste Arbeit heißt„Die Weisen im Wedding“ (siehe Tipp).
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum? Stephanie Hanna: Mich verärgern spektakuläre Belanglosigkeiten, die anscheinend tief schürfen, wie das Projekt „RLF“ von Friedrich von Borries und seinem Team in der St. Agnes Kathedrale oder auch Anish Kapoor im Martin-Gropius-Bau. Aber wirklich aufregen kann ich mich nicht mehr darüber, nur wundern, dass so viele Menschen sich immer noch so gerne blenden lassen. Richtig aufregen kann mich die derzeitige Berliner Kulturpolitik. In einer Zeit, in der die letzten berlintypischen Freiräume privatisiert und damit kommerzialisiert werden, könnte und sollte die Politik hier Einfluss nehmen. Doch Staatssekretär André Schmitz preist stattdessen im Kulturausschuss privat (!) entstehende Atelierräume in Marzahn für (ab?) 4,80 netto/qm. Also, ich kann mir solche Räume nicht leisten von dem, was ich in Berlin mit künstlerischer Tätigkeit verdienen kann, von der Standortfrage mal ganz abgesehen. Hier erleben wir Verdrängungspolitik in Echtzeit! Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen? Das YAAM und die Mischung an Menschen, die dort ungeachtet aller äußerlichen Abgrenzungskriterien wie Generation, Hautfarbe, Haarstil u. s. w. gemeinsam und nebeneinander ihre Freizeit selbst gestalten, macht mich einfach glücklich. Das muss unbedingt erhalten bleiben, und zwar als Erholungsort in der Innenstadt. Wenn diese Verdrängung von Kunst und Kultur in die Außenbezirke so weitergeht wie zurzeit, kann ich nur zu einem umfassenden Kulturstreik 2014 raten. Und sowieso: Weniger Konsum, mehr selber schaffen! Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich durch den Alltag? Ich lese gerne querbeet, entdecke gerne Neues. Zur Entspannung stöbere ich seit einigen Wochen abends in der Sammlung der FAZ-Artikel von Thomas Wagner „Freihändig – Wahrnehmungen der Kunst“. Seine Texte inspirieren mich inhaltlich und sinnlich. Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir am meisten Freude? Ehrliche und offene Begegnungen mit Freunden, Freundinnen und solchen, die es werden könnten.