: Ein sauberer Verband
Geldstrafe für Robert Hoyzer? Muss nicht sein. Der Deutsche Fußball-Bund will endlich einen Schlussstrich ziehen. Und redet sich schön für die WM 2006
VON ANDREAS RÜTTENAUER
Theo Zwanziger ist ein anderer Mensch geworden. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes sieht sich nicht mehr in der Lage, an das Gute im Fußballer zu glauben. „In unserem Sport gibt es Kriminalität“, stellte er am Rande des DFB-Bundestages in Mainz fest. Vor Bekanntwerden des Wettskandals um den Berliner Schiedsrichter Robert Hoyzer habe er es für unmöglich gehalten, dass sich in der heilen Welt des deutschen Fußballs derartige Abgründe auftun könnten. Die Wertedebatte hat den Deutschen Fußball-Bund erreicht. Und der Cheffunktionär des Riesenverbandes ist desillusioniert.
Dennoch blickt er in die Zukunft. Wie alle deutschen Fußballnarren sieht er dabei nur die WM. Die soll toll werden, und Zwanziger ist überzeugt davon, dass sie toll wird. Er weiß aber auch, dass das Ansehen des Verbandes nach dem Wettskandal und nach den Streitigkeiten um die Führung des DFB zwischen Alt-Sonnenkönig Gerhard Mayer-Vorfelder und seiner Wenigkeit selbst nicht gerade gut ist. Deshalb präsentiert er sich jetzt als Macher. Der DFB-Bundestag in der Mainzer Rheingoldhalle wurde als große „Wir-haben-verstanden-Show“ aufgezogen. Der Verband präsentierte sich als brutalstmöglicher Aufklärer. Die Sportgerichte haben gesprochen. Es wird keine weiteren Spielwiederholungen geben. Einzig der vermaledeite Robert Hoyzer selbst muss noch einmal vor den DFB-Kadi. Dort wird man ihn schuldig sprechen, ihn lebenslang für alle Funktionen im DFB sperren. Noch einmal wird Hoyzer also an den großen Pranger gestellt, sodass jeder brave Fußballdeutsche auf ihn spucken kann. Die 50.000 Euro, die ihm der Chefankläger des DFB, Horst Hilpert, zunächst als Strafe aufbrummen wollte, werden nun nicht mehr eingefordert. Verbandsausschluss und lebenslange Sperre seien Strafe genug, heißt es. Damit die überhaupt verhängt werden kann, ist Robert Hoyzer übrigens in einen kleinen Verein in Essen, der Heimatstadt seines Anwalts, eingetreten. Zunächst war er aus seinem Stammverein Hertha BSC ausgetreten, um sich der Gerichtsbarkeit des DFB zu entziehen. Jetzt stellt er sich den harten Richtern des Fußballverbandes.
Die haben in den letzten Monaten jede Menge Verhöre geführt und jede Menge Entscheidungen getroffen. Eine blinde Justizia war hierbei allerdings nie am Werke. Denn alle Entscheidungen wurden mit der Vorgabe getroffen, dass der Spielbetrieb nicht nachhaltig gestört werden darf. Am deutlichsten wurde dies bei der Entscheidung, das Pokalspiel zwischen dem Hamburger SV und dem SC Paderborn nicht zu wiederholen. Vielmehr wurde der HSV, der durch Robert Hoyzers Pfiffe ausgeschieden war, mit 2 Millionen Euro ruhiggestellt. Ein Urteil, das viele Fußballfans in dem Glauben bestätigt hat, dass die sportliche Auseinandersetzung schon lange nicht mehr im Mittelpunkt des Denkens der Vorstandsvorsitzenden großer Bundesligaclubs steht.
Mit dem Beschluss nun, dass nach dem 30. Juni nicht mehr über Spielwiederholungen oder Punktabzüge verhandelt werden kann, zieht der DFB-Bundestag den großen Schlussstrich unter die Affäre Hoyzer. Man will nichts mehr hören vom Wettskandal. Der DFB ist wieder sauber. Die Schmutzarbeit sollen nun ordentliche Gerichte machen. Dort will der DFB auch Schadenersatz vom bösen Hoyzer erstreiten. Im Verband selbst gilt der Fall als aufgearbeitet.
Innerhalb von nur zwei Wochen hat es der deutsche Fußball nun geschafft, sich weiß zu waschen. Die Bundesliga hat allen Profivereinen erst einmal die Lizenz für die kommende Saison erteilt, obwohl die Clubs munter weiter Schulden aufgehäuft haben. Jetzt wurde auch noch der Wettskandal entsorgt. Eine neue Regel wurde formuliert, in der festgeschrieben ist, dass Spieler, Funktionäre und Schiedsrichter in Zukunft keine Wetten mehr abschließen dürfen. Ob Hoyzer wohl anders gehandelt hätte, wenn es diese Regel schon füher gegeben hätte?
Ein Gutes hatte die Wettaffäre übrigens auch für den DFB. Durch die Beschäftigung mit dem Skandal ist deutlich geworden, dass sich an den Wettschaltern viel Geld verdienen lässt. Jetzt gibt es im DFB die Idee, nach der WM selbst Fußballwetten anzubieten. Nach der WM. Wenn Deutschland Weltmeister ist. Dann redet wirklich niemand mehr vom Fall Hoyzer.