Ein letztes (?) Wort zum Vulkan: Zusammengerauft
■ Vulkan-Untersuchungsauschuß billigt den Abschlußbericht einstimmig
Es ist vollbracht: Erschöpft aber zufrieden präsentierte der grüne Bürgerschaftsvizepräsident Hermann Kuhn gestern das Ergebnis einer zweieinhalbjährigen Kärnerarbeit. Auf 1.300 Seiten beschreibt der Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses Bremer Vulkan die Verflechtungen des Konzerns mit der bremischen Politik.
Nach einigen Meinungsverschiedenheiten im Vorfeld haben sich die elf Parlamentarier aus vier Parteien dann doch noch zusammengerauft und den Bericht einstimmig beschlossen. Soviel Einigkeit hat ein Bremer Untersuchungsauschuß nach Worten Kuhns das letzte Mal vor 23 Jahren erzielt. Aber die „Wucht der Fakten“, die den Abgeordneten aus sechs Meter Akten und 78 Zeugenaussagen an 51 Verhandlungstagen entgegenschlug, ließ die Politiker die sachliche Darstellung höher setzen als parteipolitische Akzente.
In der Sache enthält der Abschlußbericht keine Überraschungen. Der Vulkan war ein politisches Unternehmen, dessen Substanz krank war. An äußeren Feinden ist der Verbund nicht zugrunde gegangen. Der Senat hat seit 1984 insgesamt 1,5 Milliarden Mark in den Konzern gesteckt und so mit viel Geld Arbeit auf der Werft gekauft. Subventionen wurden ohne zeitliche und sachliche Begrenzung gewährt, letztlich machte sich die Landesregierung erpreßbar. Die Aufsichtsgremien, die Banken, der Aufsichtsrat und die Wirtschaftsprüfer, haben versagt.
In der Bewertung setzten die Parteienvertreter dann aber doch etwas unterschiedliche Akzente. Der Vulkan-Verbund war nach der Übernahme der Ost-Werften zu groß geworden für das Land Bremen, sagte Kuhn. „Der Senat hat in den 90er Jahren nicht versucht, das große Rad zu stoppen, sondern die Sache mitgetragen“. In der letzten Phase, zwischen dem Amtsantritt der Großen Koalition 1995 und dem Konkurs 1996 habe der Senat weiterhin ohne jeden Sachverstand und unter Täuschung der Bürgerschaft und der EU Bürgschaften herausgegeben, kritsierte der Ausschußvorsitzende.
SPD-Mann Jens Böhrnsen sagte, die SPD stehe zu ihrer Verantwortung, die Kritik an der SPD-Werftenpolitik sei „zum Teil berechtigt“. Allerdings sei der Aufbau des Werftenverbundes im Konsens mit den anderen politischen Kräften gelaufen.
Für die CDU stellte Elisabeth Motschmann fest, daß ein Mann wie Friedrich Hennemann, der jegliche Notwendigkeit für eine Sanierung des Konzerns nicht sehen wollte, so lange im Amt geblieben sei, sei nur durch eine einmalige Interessenvermischung im „Bermuda-Dreieck aus IG Metall, dem damaligen Bremer Senat und der Unternehmensführung zu erklären. Motschmann verteidigte das Verhalten der Großen Koalition in der Endphase des Vulkan. Aus damaliger Sicht war Anfang 1996 der Konkurs nicht als zwangsläufig erschienen. Ludwig Hettling (AfB) kritisierte, der Senat habe die Vorstände ohne Kontrolle „machen lassen“.
Bei den Schlußfolgerungen sind sich die vier Parteien wieder einig: Subventionen dürften nur noch zeitlich und sachlich klar begrenzt vergeben werden. Der Senat solle alle fünf Jahre andere Wirtschaftsprüfer einsetzen und die Exekutive müsse von der Legislative klar getrennt werden. Deputationen, in denen Senatoren den Vorsitz haben, sollen durch Parlamentsausschüsse ersetzt werden. jof
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