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Archiv-Artikel

Ein gewisses Unbehagen

betr.: „Oh, wie schön ist China!“, taz vom 21. 4. 08

Ich kann die protestierenden chinesischen Studenten gut verstehen. Auch ich sehe die allgemeine Berichterstattung über ihr Land höchst kritisch; Berichte wie auch Titelbilder verschiedener Druckerzeugnisse sollen uns vermitteln, China sei eine unheimliche Weltmacht, die uns irgendwie bedroht, in der nur Schlimmes passiert und der man wohl nie so recht trauen kann. Zudem entsteht in der Tat auch bei mir der Eindruck, dass chinesische Opfer der Unruhen in Tibet überhaupt nicht zählen und dass Aktionen der chinesischen Polizei gegen randalierende und mordende Tibeter nicht etwa selbstverständliche Maßnahmen gegen Verbrecher sind, sondern grundsätzlich als Unterdrückungsmaßnahmen „verstanden“ werden, genau wie es die Studenten zum Ausdruck gebracht haben. Kein Wunder also, wenn hier lebende Chinesen angesichts der Stimmungsmache gegen ihr Land ein gewisses Unbehagen empfinden.

Wenn sich in China beispielsweise die Anzahl der Todesurteile erheblich reduziert hat, wie Herr Blume schreibt, wenn sich der Lebensstandard verbessert und die chinesische Regierung die Bedeutung des Umweltschutzes erkannt hat, dann sind dies Fortschritte, die Respekt und mehr Berichte in den Medien verdienen. Um nicht missverstanden zu werden: Kritik ist notwendig und völlig selbstverständlich, aber bitteschön in sachlicher Form und nicht, indem man ein Feindbild aufbaut. BERND-MICHAEL KABIOLL, Berlin