: Ein furchtbarer Jurist
■ betr.: "Stolpernde Aussteiger", Kommentar von Götz Aly, taz vom 22.10.90
betr.: „Stolpernde Aussteiger“, Kommentar von Götz Aly,
taz vom 22.10.90
Ist Götz Aly nun bodenlos naiv oder raffiniert moralisierend perfide? Oder wollte er sich nur im Grätschsprung aus jeder intellektuellen Satisfaktionsfähigkeit stürzen?
Wer glaubt außer an Christkind und Klapperstorch auch noch, „daß die Wahrheit über den Deutschen Herbst 1977... am ehesten und am sichersten durch entsprechende Strafverfahren“ „ans Licht kommt“? Wer schwingt denn noch den tazigen Begriff „Glaubwürdigkeit“, der aus den WG-Debatten bis in den Bundestag hochschwamm und doch nur die Sorge des Banknotenfälschers beschreibt, ob seine Blüten von Bürgern und Banken als echt akzeptiert werden? Und was mag sich der Autor dieses Götz-Zitates gedacht haben: „Wenn es um Mord geht, ist die Wahrheit schwerlich teilbar“? Sonst schon? Oder wollte er nur labern?
Wann lebt der Götz mit der eisernen Feder? „Am Ende der Zeit, die in Deutschland vom Nationalsozialismus tief geprägt war...“ Soso, da kann er sich ja der Gnade später Nachgeburt erfreuen, aber: „Es sollte also nicht Gnade vor Recht ergehen, die Gnade allerdings dem Recht folgen.“ Zu Rechtsfetischismus fällt mir nichts mehr ein.
Dann ist da noch die perfide Gleichsetzung von Gestapo und RAF. Die kennen wir aus 'Bild‘, und könnten uns darüber freuen, daß nun endlich auch die taz dieses Niveau erreicht hat — vielleicht demnächst auch diese Verbreitung. Nur: Was hier insgesamt beschrieben wurde, stinkt zum Himmel. „Viel wird darauf ankommen, was Jürgen-Peter Boock zu den neuen Vorwürfen sagt...“ Da stimmt nur nicht der Vorname nicht. Boock hat geschwiegen, um nicht als Mitbringsel der Bundesanwaltschaft bei den diversen Prozessen vorgeführt zu werden, und dafür hat er das bislang härteste Urteil in der BRDigten Rechtsgeschichte eingefangen. Soll er nun etwas als Solist gegen den DDR-Gesangsverein flöten, nur damit etwa ein Götz Aly als voyeuristische Journaille einmal Mauz nicht zitieren muß, sondern selbst mauzen darf?
Das wird's wohl sein, und für diese böse Unterstellung bietet der Artikel genügend Indizien, vom Neidappeal angefangen — 20 Mille in einen Rechtshilfedond! — bis hin zur Untreueaufforderung, die pseudofürsorglich barmt, daß die „Öffentlichkeit... ihr beachtliches Engagement stillschweigend und individuell als einen weiteren Irrtum vergangener Zeiten abbucht.“ Ach ja, Aly ist ja am Ende der Zeit, und vor seiner neuen kann uns nur grausen.
Bleibt ein Skandal am Rande: Daß dieses Dokument in die Zukunft glotzender Inhumanität nicht in der 'FAZ‘ stand, wo man sich höchstens über [...] diesen Griff unter jede Gürtellinie intellektueller Redlichkeit hätte amüsieren können, sondern in der taz, die sich offensichtlich für nichts mehr zu schäbig ist. [...] Ulla Jelpke
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