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MIT POLENS FINANZKURS AUF DU UND DUEin eiserner Sparer

■ Finanzminister Olechowski setzt auf rigide Geldpolitik

Warschau (taz) — Nach dem Rücktritt von Karol Lutkowski bereits wenige Tage nach seiner Ernennung hat die polnische Regierung nun Andrzej Olechowski das leidige Finanzressorts übertragen. Olechowski, der Ende vergangener Woche mit einer klaren Mehrheit im Sejm bestätigt wurde, ist kein Unbekannter: Er gilt als hervorragender Finanzfachmann und war in den letzten Jahren Stellvertreter der amtierenden Nationalbankchefs und zuletzt Vizeaußenhandelsminister. Olechowski war es auch, der als Unterhändler die EG-Assoziierungsverhandlungen maßgeblich mitbestimmte und zusammen mit dem abgetretenen Finanzminister Balcerowicz die Geschäfte mit dem Internationalen Währungsfonds abwickelte. Als parteiloser, aber bekannter Politiker mit internationaler Erfahrung rief seine Nominierung weit weniger Widerspruch hervor als die Lutkowskis, den der zuständige Finanzausschuß sogar abgelehnt hatte. Für Olechowski setzten sich auch weite Teile des Regierungslagers ein, da dieser die Befürchtungen vieler Experten nicht teilen wollte, das neue Wirtschaftsprogramm werde in einer neuerlichen Hyperinflation enden.

Die Harmonie kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß der 44jährige „praktizierende Katholik“ (Olechowski über Olechowski) für Ansichten bekannt ist, die gar nicht in die derzeitige wirtschaftspolitische Regierungslinie passen. So sprach er sich nicht nur deutlich für eine „rigoristische Geldpolitik“ aus, sondern macht auch klar, daß die Haushaltspolitik über sonstigen politischen Erwägungen zu stehen habe. Zur Konsolidierung derselben sei ein allzugroßes Defizit zu vermeiden sowie der Zloty-Kurs weiterhin stabil zu halten, beharrt der neue Ressortchef — Äußerungen, die der Zentrums-Partei des Premiers Olszewski gar nicht passen.

Die Ernennung Olechowskis war die letzte Möglichkeit, überhaupt einen geeigneten Finanzminister zu finden. Doch wie seine beiden Vorgänger verfügt Olechowski über keine politische Basis. Balcerowicz hatte sein internationales Ansehen geholfen, das er sich durch seine störrische Haltung gegen die von allen Seiten geforderte Lockerung der Finanzpolitik erwarb. Nicht nur in Warschau wird deshalb genau beobachtet, ob Olechowski dem nach wie vor bestehenden Druck nachgeben wird oder bald das Los Lutkowskis teilt, der wegen Differenzen im Regierungslager seinen Hut nahm. Klaus Bachmann

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