Ein eigensinniger Stuckateur

PORTRÄT Der Berliner Moritz Friedrich alias Siriusmo macht elektronische Musik nach eigenen Vorstellungen. Jetzt hat er sich überreden lassen, ein Album zu machen: „Mosaik“ ist gerade bei Monkeytown erschienen

Früh spürte Siriusmo das Bedürfnis, als Einzelgänger Musik zu machen

VON TIM CASPAR BOEHME

Solche Freunde muss man erst einmal haben. Denn wer gründet schon für seinen Kumpel einfach so ein Label? Monkeytown, das Plattenlabel der Berliner Produzenten Gernot Bronsert und Sebastian Szary, bekannt als Modeselektor, wurde vor knapp zwei Jahren aus genau diesem Motiv ins Leben gerufen. Ziel der beiden war, ihren alten Spielkameraden aus Köpenick, Moritz Friedrich alias Siriusmo, mit diesem Schritt sanft zur Arbeit an einem Album zu nötigen.

Von Siriusmo erscheinen seit zehn Jahren Schallplatten, EPs mit einer Handvoll Stücke, die er immer dann fertigstellt, wenn er gerade Lust dazu hat. Veröffentlicht wird seine Musik in der Regel auf den Labels von Freunden. Wäre es nach Friedrich gegangen, hätte er es auch in Zukunft weiter so gehalten. Doch spätestens seit seinen EPs „The Uninvited Guest“ und „The Plasterer of Love“ vom vergangenen Jahr interessiert sich die Musikpresse für diesen „Stuckateur der Liebe“, der jetzt mit „Mosaik“ sein Debütalbum auf Monkeytown herausbringt, das zudem das erste Album des Hauses ist.

Der Weg dahin war nicht ganz einfach, erst recht nicht für Friedrich, der sich erst einmal mit der neuen Arbeitsweise für das Langspielformat zurechtfinden musste: „Es war eine richtige Quälerei. Da man einen längeren Zeitraum benötigt, besteht die Gefahr, dass man nach zwei Monaten die Stücke, die man schon fertiggestellt hat, nicht mehr leiden kann und dann anfängt, wieder neue zu basteln.“

Aus diesem Kreislauf hat er glücklich herausgefunden mit einer Sammlung von Stücken, für die er zum Teil auf unveröffentlichtes Material aus den letzten Jahren zurückgriff. Die Vielseitigkeit des Resultats ist bei Siriusmo ein klarer Vorzug, statt beliebig zu klingen, verbinden sich in seinen Stücken die unterschiedlichen Einflüsse und Neigungen zu einem Amalgam aus Electro, Techno, Hip Hop, Dupstep und Funk-Rhythmen, dem Friedrich mit seinem Gespür für absurde Kombinationen die eigene Prägung verleiht.

Schon zu Anfang des Albums lässt er seinen mit Witz und Energie vollgestopften Titel „High Together“ nicht wie gewohnt losbrechen, sondern stellt dem hymnischen Club-Song ein Intro voran, in dem ein einsamer Synthie-Chor mit rapide abnehmendem Erfolg versucht, ein wenig dankbares Publikum zu unterhalten. Im Stück selbst hört man dann eine Kinderstimme, die neben den Worten „High Together“ unverständliche Lauthappen vor sich hin singt. Diese Strategie, Gesang als Klangmaterial zu verwenden, verfolgt Friedrich fast durchgehend. „Es geht nicht um die Worte, sondern um den Rhythmus und die Stimmung, die dabei entstehen.“

Mit Stimme arbeitet Friedrich sehr viel, mal schickt er seinen Gesang durch den Vocoder oder andere Verfremdungsmittel, mal „kreiert“ er Stimmen. Und obwohl es mittlerweile sogar eine prominente Reihe Siriusmo-Remixe gibt, in denen er etwa Songs von Gossip oder den Scissor Sisters neu gestalten konnte, holt er sich nie Sänger ins Studio. Lieber arbeitet er allein.

„Der besondere Reiz ist, dass man sich viel Zeit lassen kann, um die Sachen, die man erreichen möchte, auszuprobieren. Ich könnte es gar nicht anders machen.“ Friedrich, der als Teenager in verschiedenen Bands Keyboards spielte, spürte früh das Bedürfnis, als Einzelgänger Musik zu machen. So kam er schließlich auch zur elektronischen Musik: „Die Idee war, alles selber machen zu können. In einer Band hast du halt deinen Drummer, der hat entweder einen guten Groove oder nicht, aber mit einem Sampler kann man alles selber machen.“ Groß geworden ist er mit den Beatles, Stevie Wonder oder Gil Scott-Heron, war aber stets offen für alle möglichen Einflüsse – etwa für die Drum-’n’-Bass-Exzentriker Squarepusher.

Das Musikmachen brachte sich Friedrich genauso bei wie das Graffiti-Sprayen und Illustrieren, mit dem er sein Geld verdient. Über die Jahre sind freilich auch die Honorare fürs Remixen gestiegen, so dass er sich schon mal eine Woche Zeit im Studio reservieren kann. Wenn er wollte, könnte er wohl auch mit Live-Auftritten sein Geld verdienen. Als Bühnenmusiker sieht er sich jedoch nicht. Lieber hätte er wieder ein bisschen Zeit zu malen. Dafür kann man ihn hier und da als DJ erleben, wie etwa beim Club-Transmediale-Festival Anfang des Monats. Statt live zu spielen, findet er dann einen sehr praktischen Ausweg: Bei seinen Auftritten bestreitet er seine Sets fast ausschließlich mit eigenen Platten – das ist fast so schön, wie ihn richtig spielen zu hören.

■ Siriusmo: „Mosaik“ (Monkeytown)