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Archiv-Artikel

Ein Schlitzohr mit Akzent

Wenn Grimms glitschiger Froschkönig auf Shakespeares grimmigen Hamlet trifft: Kirschkern & Compes inszenieren im Fundus Theater das alte Märchen auf neue Weisen

Altes Dilemma in Betrachtung von Kindertheater: Wie gut muss eine Vorlage wiedererkennbar sein, damit die Inszenierung bei den lieben Kleinen auf Interesse und möglichst Beifall stößt? Kinder sind da, wie man weiß, mitunter haarspalterischer als so manch Erwachsener – jene mal ausgenommen, die seit Jahrzehnten gebetsmühlenartig beklagen, ihre Klassiker nicht wiedererkennen zu können.

Muss man überhaupt? Kann man denn erwarten, dass die minderjährigen Rezipienten die Vorlage überhaupt kennen? Ist der Froschkönig in heutigen Kinderzimmern noch zu Hause? Ist es nicht völlig egal, ob man Grimms Vorlage als Steinbruch benutzt und mit Shakespeare aufmischt? So wie Kirschkern & Compes in La Froschkönig, derzeit zu sehen im Fundus Theater.

Schon in Schneewitte, einem früheren Stück der beiden Schauspielerinnen Sabine Dahlhaus und Judith Compes, erfinden die beiden als „Bühnenboldinnen“ ein Märchen neu, zur Geisterstunde irgendwo im Theater zwischen Requisiten. Hier nun gelingt via Hamlet-Phantasien der Einstieg in die Mär um den glitschigen Prinzen – inklusive einiger Witze für Eltern, die ihren Dänenprinz kennen. Da in diesem Stück, das aus Daniel Haws Feder stammt und unter seiner Regie entstand, alles sehr eigenwillig ist, brennt über eine knappe Stunde ein wahres Feuerwerk von Assoziationen, Witzen, Liedern und clownesken Szenen ab, die eben nicht nur die wenigstens siebenjährigen Zuschauer zu fesseln vermögen.

Der Prinz im Frosch ist ein amouröser Franzose mit „froschischem“ Akzent – und der französischen Deklination folgend mit femininem Artikel. Darüberhinaus auch ein Schlitzohr, der die schnippische Prinzessin per Diktafon ihres gebrochenen Versprechens überführt. Bis es dahin kommt, bedürfen die Boldinnen manch spitzfindiger Absprachen über die Tauglichkeit von Requisiten oder richtige Rollenauffassung. Und damit hat die Inszenierung ungemein viel von Kinderspiel. Absprachen werden getroffen und gebrochen, wie es eben passt. Und wer zu guter Letzt eine Moral braucht, der kann sich eine aussuchen. Oliver Törner

heute, 10 Uhr, Samstag + Sonntag, 16 Uhr, Fundus Theater