: Ein Loch ist im Loch
Berlin leistete sich 2002 rund 1,2 Milliarden Euro überflüssige Ausgaben – meint der Rechnungshof und gängelt den Senat wegen zu laxer Kontrolle beim Geld. Die Prüfer fordern weitere Kürzungen
VON STEFAN ALBERTI
Trotz des 53-Milliarden-Euro-Lochs im Berliner Haushalt kontrolliert der Senat zu wenig, was mit den öffentlichen Ausgaben passiert – meint der Landesrechnungshof. Er rechnet in seinem Jahresbericht für 2002 rund 1,2 Milliarden Euro zusammen, die das Land hätte einsparen können. Fast die Hälfte entfällt auf die mehrheitlich landeseigenen Wasserbetriebe. Rechnungshof-Chef Jens Harms bestätigte gestern bei der Präsentation des Berichtes zwar Bemühungen der rot-roten Koalition, die Finanzlage zu verbessern. Bisherige Kürzungen, vielfach als unsozial kritisiert, reichen ihm jedoch nicht: „Weitere Anstrengungen werden unabdingbar sein, um die Schuldenspirale zu durchbrechen.“
1,2 Milliarden Euro Einsparpotenzial – das ist 16-mal so viel wie die umstrittene 75-Millionen-Kürzung bei den Universitäten. Oder das 400fache der fehlenden 3 Millionen für die Symphoniker. Behördenchef Harms wirft dem Senat vor allem im öffentlichen Dienst Geldverschwendung vor: Die Bezirke zum Beispiel hätten 5.000 Beschäftigte zu viel, was 200 Millionen Euro koste. Grundlage dieser Aussage ist ein Vergleich: Neukölln komme mit weniger als acht Mitarbeiterstellen pro 1.000 Einwohner aus, in Lichtenberg hingegen seien es über elf.
Neben zu viel Personal kritisiert der Rechnungshof vor allem Fehlplanungen bei den Berliner Wasserbetrieben (BWB). Eine 127 Millionen Euro teure Abwasserleitung wäre bei vorausschauender Planung nicht nötig gewesen, meinen die Prüfer. Insgesamt hätten die Fehlplanungen 340 Millionen gekostet. Hinzu kämen Verluste im Zusammenhang mit dem Abfallzentrum Schwarze Pumpe. Ein BWB-Sprecher bestätigte zwar die Kritik am Schwarze-Pumpe-Engagement. Das sei jedoch Historie, die Verantwortlichen seien nicht mehr auf ihren Posten. In der Einschätzung der Wasserleitungen widersprach er: Durch diesen Bau hätten die BWB eine aufwändige Sanierung eines veralteten Werks vermeiden können.
Die Grünen sehen sich durch den Bericht in ihrer Senatskritik bestätigt. Ihr Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger kritisiert vor allem die von der Behörde monierten Freifahrten und Ermäßigungen bei der BVG. Der FDP-Abgeordnete Christoph Meyer sieht in dem Bericht ein Zeugnis für die desaströse Finanz- und Wirtschaftspolitik des Senats. „Sechs, setzen!“, urteilt er. Der Rechnungshof weise wie die FDP darauf hin, dass die bisherigen Bemühungen des Senats nicht ausreichten, insbesondere nicht für eine erfolgreiche Klage auf Milliardenhilfen vor dem Bundesverfassungsgericht.