: Ein Licht im Bankenskandal
Frank Zimmermann (SPD), Chef des Bank-Untersuchungsausschusses, sieht „Durchbruch“ in der Affäre. Exabteilungsleiter bezeugt „Fantasiekredite“. Benneter: Haftbefehle nicht ausgeschlossen
von STEFAN ALBERTI
Er hatte im parlamentarischen Untersuchungsausschuss immer gefehlt: der Zeuge, der nicht nur redet, sondern auch über konkrete Geschäfte in der Bankgesellschaft Auskunft geben und Verantwortliche benennen kann. Nach rund 40 Zeugen ist er offenbar gefunden: Einen Durchbruch sieht Ausschusschef Frank Zimmermann (SPD) im zentralen Punkt der Kreditvergabe dank jüngster Aussagen. „Wir sind einen großen Schritt vorangekommen“, sagte er der taz.
In zwei zum Großteil nichtöffentlichen Ausschusssitzungen hatte ein für problematische Kredite zuständiger Exabteilungsleiter der Berlin Hyp, Tochter der Bankgesellschaft, ausgesagt. Tenor: Je größer der Kredit, desto weniger wurde auf Bonität geachtet, Risiken waren bekannt, wurden aber nicht berücksichtigt. Verluste seien mit „Fantasiekrediten“ beschönigt worden, sagte er nach Angaben eines Ausschussmitglieds. Er selbst will in der Bank diese Praxis kritisiert haben. Das sei aber einem „Sprung gegen eine Betonwand“ gleichgekommen, sagte er dem Vernehmen nach im Ausschuss.
In der Berlin-Hyp-Hierarchie rangierte der Abteilungsleiter, der die Bank im April verließ, zwei Ebenen unter dem Vorstand um den früheren CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky. Kredite der Berlin Hyp von über 700 Millionen Mark an die Immobilienfirma Aubis und eine zeitnahe Spende an die CDU lösten im Frühjahr 2001 die Bankaffäre und den Zusammenbruch der großen Koalition aus.
Von besonderer Bedeutung für den Ausschuss ist, dass der Abteilungschef Nachfragen zu konkreten Geschäften glaubhaft beantworten konnte. Zuvor hätten zwar schon Zeugen, zum Teil auch Abteilungsleiter geredet – anders als die Unternehmensspitze, bei der man auf ein „Kartell des Schweigens“ stieß. Doch waren solche Aussagen inhaltlich weit weniger wertvoll als die jetzige. „Bislang die ergiebigste“, heißt es aus dem Ausschuss.
Auch Zimmermanns Vorgänger Klaus Uwe Benneter, bis zu seinem Wechsel in den Bundestag im Herbst 2002 Ausschusschef, sieht aufgrund der jüngsten Aussagen einen Durchbruch. Er hält es für möglich, dass sich nun Verantwortlichkeiten für bestimmte Entscheidungen persönlich zuordnen lassen, dass belegt werden kann, wie man „ganz gezielt und bewusst bestimmte Leute bevorteilt hat, ganz ohne die sonst banküblichen Prüfungen“. Der Ausschuss müsse nun die Aussagen des Zeugen prüfen. Wenn die stichhaltig sind, hält es Benneter „angesichts der Schadenshöhe nicht für ausgeschlossen, dass auch irgendwann Haftbefehle rausgehen.“
Ein Ausschussmitglied beurteilte die Chancen weniger optimistisch. Nur schwer lasse sich nachweisen, dass ein Vorstand vorsätzlich und nicht nur fahrlässig gehandelt habe. Benneter urteile ein bisschen leichtfertig: „Da brauchte man zehn Zeugen dieser Art, um hier strafrechtlich etwas bewegen zu können.“
„Das ist nicht richtig“, widerspricht Ausschusschef Zimmermann. Die Aussage allein reiche zwar allein nicht aus. Aber sie biete zahlreiche Ansatzpunkte, die sich mit Hilfe anderer Zeugen und weiterer Beweismittel vertiefen ließen. Die strafrechtliche Seite müsse die Staatsanwaltschaft klären.
In der Frage, wer wann was wusste, sind für den Untersuchungsausschuss Sitzungsprotokolle von Aufsichtsrat und Vorstand sowie Kreditausschuss von zentraler Bedeutung. Nach monatelangen Querelen mit der Bankgesellschaft um die Herausgabe dieser Papiere mag sich Zimmermann derzeit nicht beschweren: „Wir kommen an fast alle Unterlagen heran, die wir brauchen.“ Anders sieht das die Grünen-Politikerin Barbara Oesterheld, der weiterhin wichtige Papiere fehlen. Auch dafür erwartet sie durch die jüngsten Aussagen eine große Hilfe: „Jetzt kann ich gezielt suchen.“