■ Ein Leitfaden hilft Führungskräften, Patzer zu vermeiden: Gutes Benehmen weltweit
Knigge? Alter Hut, bloß keine Witze darüber. Wissen wir doch alle, daß die Papierserviette nach neuesten Regeln nicht mehr auf dem Teller abgelegt wird, sondern daneben. Weil das dem Personal nämlich die Mülltrennung erleichtert. So weit, so gut. Wie aber verhält man sich, wenn man in Ostasien eine Visitenkarte überreicht bekommt? Oder wußten Sie schon, daß es in Brasilien selbst auch Managerinnen passieren kann, auf der Straße angesprochen oder angehupt zu werden?
All das kann man nachlesen in „Manieren und Karriere – Internationale Verhaltensregeln für Führungskräfte“ von Rosemarie Wrede-Grischkat, eine der ersten Stewardessen der Lufthansa und mittlerweile freiberufliche Dozentin für die Umgangsformen von Führungskräften. Denn das Firmenimage gilt heute als vierter Produktionsfaktor. Gutes Ansehen läßt sich aber nicht so einfach mal eben mit ein paar duften Werbekampagnen einkaufen.
Der Leitfaden für Führungskräfte steht daher ganz im Zeichen von Globalisierung und Datenhighway. Denn irgendwie rücken wir ja alle weiter zusammen, ganz besonders die Manager unter uns. Und was ist schlimmer, als den potentiellen Geschäftspartner aus dem Ausland beim ersten persönlichen Kontakt durch einen Sprung ins Fettnäpfchen zu vergraulen? Aber keine Angst, liebe Manager, die meisten Geschäftstugenden sind international. Pünktlichkeit etwa ist überall Pflicht, denn Zeit ist Geld. Und falls das mal nicht so klappt, bewahrt die Autorin ihre Leser vor Folgepatzern: Zu spät kommen und alle Anwesenden dann noch per Handschlag begrüßen, das wird nirgendwo auf der Welt gerne gesehen, denn es zeugt von übersteigertem Selbstbewußtsein. Und wenn man etwa Anweisungen gibt, sollten diese durchführbar sein, ansonsten droht der Verlust an Glaubwürdigkeit und Sympathie. Klar, wer mag schon einen Chef, der sagt: „Müller, springen Sie doch eben mal aus dem Fenster im vierten Stock und bringen Sie auf dem Rückweg eine Zeitung mit.“ Aber nicht immer ist gutes Benehmen auf internationalem Parkett so einfach. Die schwedische Führungsschicht etwa hat ein „bemerkenswert bescheidenes Auftreten gepaart mit hohem Verantwortungsbewußtsein gegenüber sozial schwachen Gruppen und allen Minderheiten.“ Vorsicht also mit Witzen über Obdachlose oder sonstige Verlierer der Globalisierung. Von denen grenzt sich die englische upper class am liebsten durch ihre Tischmanieren ab: Die Suppe immer seitlich vom Löffel nehmen, diesen nie ganz in den Mund schieben und die Gabel nur umgedreht benutzen.
Es geht der Autorin aber nicht nur um die Vermittlung inhaltsloser Etiketten. Auch über die politischen und kulturellen Eigenheiten der jeweiligen Länder sollte der Geschäftsreisende informiert sein. So sollte er etwa wissen, daß der „Hauptexportartikel rumänischer Herkunft gegenwärtig die in Deutschland extrem rücksichtslos vorgehenden Einbrecherbanden“ sind. Das hört der rumänische Geschäftspartner bestimmt gerne.
Der Autor dieser Zeilen würde die Mutter aller Führungskräfte am liebsten in Brasilien treffen. Denn dort werden bei privaten und offiziellen Einladungen alle Herren an einem Ende der Tafel plaziert und die Damen am anderen. „Das hat jedoch keine tiefschürfenden Gründe, man glaubt nur, sich auf diese Weise besser zu unterhalten“, weiß Rosemarie Wrede-Grischkat. Eben. Klaus Sieg
PS: Eine Visitenkarte in Ostasien nimmt man übrigens mit beiden Händen entgegen und liest sie sofort ausführlich.
Rosemarie Wrede-Grischkat: „Manieren und Karriere – Internationale Verhaltensregeln für Führungskräfte“, Gabler Verlag, 460 Seiten, 72 Mark
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen