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■ Rücktritt des sächsischen Innenministers EggertEin Lehrstück, falsch inszeniert

Die Beteiligten laborierten so weit unter der Gürtellinie, daß, wer noch ein Niveau erkennen wollte, schon beträchtlich das Kreuz krümmen mußte. Und wer begibt sich schon freiwillig in eine Haltung, die unweigerlich nicht nur als untertänig, sondern vor allem als voyeuristisch gedeutet wird. Da wirkt es geradezu befreiend, das Kreuz durchzudrücken und den Latz wieder hochzuziehen. Aussage gegen Aussage, keine eindeutige Klärung zu erreichen, ein Rücktritt, um Schaden vom Ministeramte, der Partei und – last but not least – den Betroffenen abzuwenden.

Eggert wollte seine angeschlagene Ehre wiederherstellen. Honi soit, qui mal y pense – solchermaßen werden ihm seine Parteifreunde die Manieren beibringen, die unter ihresgleichen den Umgang mit so delikaten Dingen prägen. Fehltritte sind erlaubt, nur sollten sie nicht in die Öffentlichkeit führen. Eine Rücktrittsentscheidung im wohlweislichen Interesse aller Beteiligten, und das Niveau ist wieder auf jenes Maß angehoben, bei dem landläufig die Demarkationslinie zwischen Privat und Öffentlich gezogen wird. Und ein Ministerpräsident, dem diese Linie so heilig ist, wie einem Christdemokraten nun mal die Familie, wird sich das gar als Klärung zugute halten.

Doch es ist keine. Das Ärgernis beginnt da, wo es für beendet erklärt wird, wo die Übergänge zwischen akzeptierter Anmache und sexueller Belästigung fließend gelassen werden, wo die vermeintliche oder tatsächliche Homosexualität wenn nicht willentlich so doch wissentlich ins Zentrum der Betrachtung rückt und solchermaßen ein Zusammenhang insinuiert wird, der so eben nicht gegeben ist. Bei einer Gesellschaft, deren männliche Hälfte langsam lernt, daß es keineswegs zu den naturgegebenen Bedürfnissen einer Frau gehört, bedrängt zu werden, die dieser Erkenntnis erst vor einem Jahr durch arbeitsrechtliche Regelungen entsprochen hat und der, so ist zu mutmaßen, die sexuelle Belästigung eines Mannes als ein Widerspruch in sich erscheint, tut Aufklärung not. Ab und an treten Politiker zurück, selten, zumindest in Deutschland, wegen vermeintlich privaten Fehlverhaltens, noch seltener aus eigenem Antrieb. Kaum je aber wird die Möglichkeit genutzt, aus diesem Schritt etwas zu lernen.

Der sächsische Ministerpräsident hat diese Möglichkeit verworfen, um sein eigenes Ansehen nicht zu ramponieren, sein Innenminister, weil er sein Heil in der Verdrängung sucht. Nun sollte zumindest der Landtag versuchen, die Debatte auf Augenhöhe zu führen. Dieter Rulff

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