■ Ein Internetcomic für Europa kommt wie eine Nazikarikatur daher: War nicht so gemeint
Mit klaren Parallelen zu Nazipropaganda wirbt ein Internetcomic für den Euro. „Captain Euro“ wurde von dem Unternehmen „Star Communications“ geschaffen, um ein „großes Produkt“, nämlich Europa, zu bewerben. Captain Euro ist ein Turbo-EU-Ombudsmann, der Anführer der Guten gegen die Bösen und ihre Weltverschwörung.
Sein Kampf beginnt mit der Entdeckung eines wundersamen Objekts in einem altertümlichen Wikingerschiff – womit seine arischen Wurzeln manifestiert sind. Captain Euros Gegner ist Dr. David Vider, ein skrupelloser Multimillionär und Währungsspekulant. Er ist ein kleiner drahtiger Anzugmann mit Ziegenbart, Brille und Hakennase. Seine Firma Dividex ist ein nirgendwo ansässiges Unternehmen, das weltweit operiert, überall „Böse“ rekrutiert und heimlich hunderte europäischer Unternehmen beherrscht.
Nicholas De Santis von Twelve Star Communications behauptet, seinem Unternehmen sei nicht bewußt gewesen, daß diese Darstellung der Freunde und Feinde Europas die goebbelssche Charakterisierung von Ariern und Nicht-Ariern in den dreißiger Jahren anklingen lasse. Und er wehrt sich besonders gegen den Vorwurf, seine Schöpfung Dr. D. Vider weise verblüffende Parallelen auf mit Nazikarikaturen des jüdischen Bankiers, der Deutschland aussaugen wolle. Er findet, man solle „das nicht so ernst nehmen; es geht hier um Entertainment, nicht um Politik“.
Es geht natürlich um Politik. Die Comicfiguren sollen dazu dienen, die Idee der Europäischen Union und der Währungsunion in Schulen zu verbreiten und Europa weltweit zu repräsentieren. Die Kunden sind neben dem Europäischen Parlament auch die britische Organisation „European Movement“. Es steht zwar nicht zu befürchten, daß Twelve Stars den Nazismus wiederbeleben will, denn das wollen sie eindeutig nicht. Bestürzend ist jedoch, daß Menschen, die sich für Europas Zukunft stark machen, derart ignorant mit der europäischen Vergangenheit umgehen. Elisabeth Prest
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